Reisebericht USA
von Karin Lutz auf 18.06.2019
Mit dem Fahrrad durch die Nationalparks
Schon lange hatten wir den Traum gehegt, eine längere Radreise zu unternehmen - einfach mal eine Auszeit nehmen und ohne Zeitdruck reisen zu können. Und nach fast zwei Jahren intensiver Vorbereitung standen wir endlich vor seiner Erfüllung
Zunächst gab es allerdings so einiges zu erledigen und auch so manche kleinere Hürde zu meistern, was unsere Vorfreude auf unser ganz persönliches "großes Abenteuer" kaum schmälerte - eher noch vergrößerte. Zuerst stellten wir unsere Routte anhand von den ACA (Adventure Cycling Association) Radkarten zusammen, die wir uns aus den USA bestellt hatten; die entsprechende Literatur entnahmen wir dem Lonley Planet, den wir auf unserer Reise keinesfalls hätten missen wollten. Als nach etlichen Wochenenden der intensiven Planung und mancher Diskussion die Route entdlich stand, stellte sich auch schon das nächste Problem, das auf den ersten Blick gar keins war, sich aber schnell als solches entpuppte: "Was nehmen wir alles mit?" Oder besser: "Was nehmen wir nicht mit?" Neben den obligatorischen Ausrüstungsgegenständen wie Fahrrad, Zelt, Isomatten, Campingkocher, wetterfeste Kleidung, Fotoausrüstung usw. ging es vor allem um die kleinen Dinge von denen man glaubt, wieviele sich ansammeln: vom Dosenöffner bis zum Feuerzeug kam alles ein ums andere auf den Prüfstand. Die Prozedur war dabei immer die gleiche; zunächst alles anhand der unzähligen Checklisten aus Literatur und Internet sammeln und ausbreiten. Dann alles packen, wiegen, wieder auspacken und aussortieren - immer und immer wieder, bis wir mit dem Ergebnis zwar nicht zufrieden waren aber leben konnten.
Auf geh't Richtung USA
Dann ging es endlich los! Am 23. April 2010 bestiegen wir das Flugzeug Richtung Seattle mit dem erklärten Ziel, binnen eines halben Jahres durch den Westen der USA zu radeln und dabei möglichst viele Nationalparks zu besuchen. In Seattle angekommen bleiben wir drei Tage um den Jetlag zu bewältigen, die Stadt zu besichtigen aber auch um die letzten Ausrüstungsgegenstände zu besorgen. Nun endlich konnte unsere große Radreise beginnen!
Zunächst ging es durch den Olympic Nationalpark, in dem sich Farne und Moose im satten Grün präsentieren, weiter auf dem Highway 101 entlang der Pazifikküste. Die ersten drei Wochen fuhren wir täglich durch strömenden Regen, und wir fragten uns schon, ob wir die richtige Jahreszeit für unsere Unternehmung gewählt hätten. Kurz vor San Francisco, Ende Mai, hatten wir sogar noch einmal Frost. Entlang einer fantastischen Strecke kamen wir nach Los Angeles, und San Diego war dann nur noch ein paar Tage entfernt; nach 3300 km auf den Drahteseln erreichten wir schließlich die mexikanischen Grenze als südlichsten Punkt unserer Reise von wo wir uns fortan Richtung Osten bewegten. Highlights wie der Yosemite N.P., wo wir nachts unseren ersten Bären trafen, die Redwoods mit der Avenue of the Giants oder auch der Küstenabschnitt Big Sur waren einfach faszinierend und ein einmaliges Erlebnis auf dem Weg entlang der Westküste von Nord nach Süd.
Von Los Angeles an bekamen wir den lange ersehnten Sonnenschein und die Temperaturen begannen stetig an zu steigen. In der Wüste von Südostkalifornien und Arizona erreichten die Temperaturen mit 48° C den Klimax der Reise und alleine der Transport der benötigten Wasserrationen per Rad wurde zur Schwerstarbeit für uns. Hier änderten wir unsere Richtung und radelten in den Norden, vorbei an Phoenix, bis wir in der neunten Woche unserer Tour, an Karins 48. Geburtstag, den Grand Canyon N.P., einen der wunderbaren Höhepunkte unserer Reiseroute, erreichten. Von hier ab reihten sich die Nationalparks wie Perlen auf einer Kette in nördlicher Richtung aneinander: vom Bryce Canyon nach Zions, über Arches, Mesa Verde ins Death Valley, den Joshua Tree bis zum Monument Valley; alle standen sie auf dem geplanten Programm, jeder auf seine eigene Art besonders und einzigartig, und alle haben wir auch besucht.
Der siebte Bundesstaat
Mittlerweile im siebten Bundesstaat angekommen, wir waren fast 7000 km geradelt und etliche Pässe, einige höher als 4000 m, schon überwunden, hatten wir kurz vor dem Flaggschiff der amerikanischen Nationalparks, dem Yellowstone, unsere erste gefährliche Begegnung mit einer Klapperschlange. Am heißen Straßenrand liegend, fauchte sie heftig und streckte bedrohlich ihren Schwanz klappernd in die Höhe, sodass wir sprichwörtlich in die Pedale traten um Reißaus zu nehmen.
Um den Yellowstone N.P. zu umrunden ließen wir uns eine ganze Woche Zeit; nicht nur, weil er der älteste Nationalpark der Welt und unbedingt sehenswert ist, sondern auch weil nach den vielen Kilometern, der Wüste und den ganzen Eindrücken die wir gewonnen hatten, eine körperlichen und geistigen Pause mehr als notwendig geworden war! Ganz im Vertrauen: In der Wüste waren wir schon drauf und dran gewesen abzubrechen... Hatten wir uns zu viel zugemutet? Waren unsere Ziele doch zu hoch gesteckt? So mancher Zweifel nagte abends an uns, doch immer gelang es, bis zum nächsten Morgen wieder ausreichend Kraft zu tanken um doch wieter zu machen. Der Lohn für diese Zähigkeit war dann der "Urlaub" im Yellostone. So war es ein besonderer Nervenkitzel, als ein Bär plötzlich auftauchte und zum greifen nahe vor unseren Fahrrädern stand oder wenn wir in den frühen Morgenstunden auf dem Weg zum Old Faithful bei Dunkelheit plötzlich eine Herde Bisons mitten auf der Straße stand. Beeindruckt von der Kraft und der Dimension dieser Tiere, die Ende des 19. Jahrhunderts nahezu ausgerottet worden waren, trauten wir uns zunächst nicht an ihnen vorbei zu radeln. Etwas ratlos abwartend nutzten wir dann ein vorbeikommendes Auto als Cowcatcher und fuhren gemeinsam an den mit starrem Blick wie angewurzelt stehenden riesigen Büffeln vorbei.
Die einzigartige Natur in den USA
Die Landschaft und die Natur waren einfach grandios! Berge, Wiesen - die an die Almen des Voralpenlandes erinnern-, herrlich malerische Seen und die Fauna, die wir so in freier Natur noch nie erlebt hatten, machten die Rocky Mountains zu einem fantastischen Erlebnis, das die hinter uns liegenden Strapazen schnell vergessen ließ. Nachdem wir den Glacier N.P. direkt an der kanadischen Grenze als nördlichsten Punkt unserer geplanten Route erreicht hatten, ging es zurück nach Westen an die Pazifikküste. Vorbei an Missoula, dem amerikanischen "Bikemekka", über den Lewis und Clark Trail zum Columbia River und weiter nach Seattle, unserem Startpunkt, mit dem sich der Kreis unserer Reise wieder schloss, als wir es Anfang Oktober wieder erreichten. Die letzten Tage vor unserer Heimreise verbrachten wir dann bei Andrews Familie in Seattle, sehr sehr nette Leute, die wir April kennengelernt hatten und ein leuchtendes Beispiel amerikanischer Gastfreundschaft sind. Eine natürliche Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen, der wir auf jeder Etappe unserer Reise begegneten.
Was wir in diesem halben Jahr erlebt haben war wahnsinnig schön; die 10000 Kilometer im Fahrradsattel waren rückschauend dann doch wieder zu schnell vergangen und so beschlich uns schon im Flieger zurück nach Frankfurt das Gefühl von Wehmut und neuaufkeimendem Fernweh - spätestens als wir in Deutschland gelandet waren, kamen wir uns in der eigentlichen Heimat zunächst uns selber seltsam fremd vor.
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