Reisebericht Transmongolische Eisenbahn
von mushroom auf 30.06.2020
von Moskau nach Peking
So, und schon sind wir in Moskau angekommen. Froh, den engen Sitzreihen der Austrian Airlines Maschine entklommen zu sein, halten Dave und ich nach unserem PickUp Ausschau. Und da steht auch schon jemand mit einem Shoestring Schild bereit, wortkarg wird uns der Weg aus dem Flughafengebäude hinaus und zu einem parkenden Auto gewiesen. Auf direktem Wege werden wir zum Hotel gebracht, der Service funktioniert wunderbar, nur an die russische "No-Smile-Mentalität" sollten wir uns vielleicht schnellstmöglich gewöhnen.
Für 19 Uhr ist das erste Treffen mit unserer Gruppe und dem Guide angesetzt, wir machen uns also schnell fertig und warten zur vereinbarten Zeit an der Rezeption. Zwei Mädchen fallen mir sofort ins Auge und kurz darauf werde ich auch schon vom Guide angesprochen, und die beiden stellen sich als Teil unserer Gruppe heraus. Wie wir erfahren, werden wir auf dieser Tour zu fünft sein, eine weitere Engländerin hat sich verspätet und wird erst spät abends erwartet. Irina, unsere russische "Tourguidin" übergibt uns einen Stadtplan sowie die Zugtickets für die gesamte Tour und erzählt uns in ebenfalls recht knappen Worten was für die nächsten Tage geplant ist. Für diesen Abend verabschieden wir uns nach einem kurzen Gespräch von den beiden Engländerinnen, Mandy und Nicci, und machen uns auf den Weg etwas Essbares zu finden. Wir machen einen Rundgang durch den "Cosmos Park", der sich direkt vor unserem Hotel befindet, sind aber schnell zu hungrig und halten nach einem chinesischen Restaurant Ausschau, im Endeffekt landen wir dann aber doch in einem italienischen Restaurant, wo das Essen nach Gewicht abgerechnet wird, was in Moskau recht üblich ist (und etwas gefährlich, wie wir später noch erfahren sollen). Hier jedenfalls kosten 100 g nur 55 Rubel, ein russisches Bier gönnen wir uns auch noch dazu, lecker. Zurück im Hotel fragen wir an der Rezeption nach unseren Reisepässen, die uns beim Einchecken abgenommen wurden. Dave, der seine gelbe auffälllige Shoestring Tasche trägt, wird von einem Mädchen angesprochen, das sich schnell als Karen, die noch fehlende Engländerin, herausstellt. Es ist bereits 23 Uhr und immer noch nicht vollständig dunkel draussen, faszinierend. So richtig müde sind wir auch immer noch nicht, zurück im Hotelzimmer spielen Dave und ich daher noch ein paar Partien Halma und gehen dann zu Bett.
Erste Orientierung und Fahrt mit Moskaus Metro
Um 5:30 schreckt mich Dave's Wecker aus dem Tiefschlaf und ich bin so froh festzustellen, dass dies eindeutig zu früh ist, und ich noch etwa 3 Stunden länger schlafen kann. Schliesslich stehen wir um 8:30 Uhr auf, das Frühstück ist zu unserer Freude inklusive, und wir machen uns über das riesige Buffet her. Kurz zuvor war uns Karen zufällig über den Weg gelaufen als wir gerade dabei waren in dem leeren langen Hotelflur ein original "Shining" Foto zu machen, und so sind wir nun bereits zu dritt und können uns ein wenig miteinander bekannt machen, Karen macht bereits den Eindruck einer sehr netten Mitreisenden auf uns. Um 10 Uhr treffen wir uns mit Irina und den beiden anderen Mädels, die Irina zwar mit Fragen bombadieren, aber nicht auf Sightseeing Tour durch die Stadt mitkommen wollen, da sie sich gestern schon einiges angesehen hatten. Wie wir hören haben wir riesiges Glück mit dem Wetter, denn exakt seit unserem Eintreffen sind die dicken Regenwolken verschwunden, und die Sonne macht sich über der Stadt breit. Wir sind froh über unsere Begleitung, denn auf den ersten Blick wirkt die Metro einfach nur riesig und ist mit diesen ganzen Schriftzeichen versehen, die wir nicht verstehen. Wir kaufen uns gleich am Schalter ein 10er Ticket (Einzelfahrt 19 Rubel) um nicht so schnell wieder in die Verlegenheit zu kommen (einfach zu bedienende Automaten scheint es dafür nicht zu geben) und nehmen die orange Linie sechs Stationen in Richtung Kremlin. Irina zeigt uns auf dem Weg ein paar interessante Gebäude, u.a. die englische Botschaft, und gibt uns dann einen Überblick über die verschiedenen Ecken des Kremlins, die Basilius-Kathedrale, Lenins Mausoleum, Toiletten, Eintrittsgelder, Gepäckaufbewahrung, etc. und verlässt uns dann, um uns dann erst morgen wieder in Empfang zu nehmen, um uns zum Bahnhof zu bringen und in den richtigen Zug zu setzen. Dave, Karen und ich überlegen uns gemeinsam ein Programm und die beste Abfolge unserer Sightseeing Tour und entscheiden uns, uns nach einem kurzen Besuch am ATM erst einmal in Richtung "Arbat" zu machen, eine der ältesten Strassen Moskaus mit guten Restaurants. Wir finden den Weg so ziemlich auf Anhieb und kehren in einem Crepe-Restaurant ein, das wenigstens einen Teil des Angebots auf Bildern zeigt, was aufgrund der kyrillischen Schrift eine grosse Hilfe ist. Die Bestellung selbst gestaltet sich dann doch als nicht gerade einfach, aber schliesslich bekomme ich mein Crepe mit Pilzen, Käse und Zwiebeln und einen Früchtetee für 167 Rubel. Anschliessend laufen wir weiter bis zum Ende der Strasse und zum Fluss, wo wir eine Bootstour machen wollen, die auch im Lonely Planet beschrieben wird. Die einfache Fahrt kostet 300 Rubel und dauert etwa 2 Stunden. Es ist ein angenehmer Weg etwas von der Stadt zu sehen, die meisten anderen Gäste scheinen Einheimische oder zumindest russische Touristen zu sein, nur mit einem Deutschen kommen wir ins Gespräch. Das Boot hat ein kleines Restaurant, und laute Musikuntermalung, was uns gefällt. Wir fahren von 'Kierskij Vokzal" bis nach "Novospasskij most", am Gorki Park vorbei, sehen den Kreml aus einer etwas anderen Perspektive, die Basilius-Kathedrale, eine beeindruckende BMW Werbekampagne mit echten Autos. Von da aus laufen wir zur Metro Station "Paveleckaja" und geben die restlichen Sightseeing-Pläne ersteinmal auf, da wir alle ganz schön müde sind und uns die Stadt schon ein wenig geschlaucht hat. Also geht es zurück zum Hotel, wo wir uns für ein Weilchen alle drei ein wenig zurückziehen, bevor wir uns um 20 Uhr erneut treffen um uns um das Abendessen zu kümmern. Wir drehen erneut eine Runde durch den Cosmos Park, den Karen noch nicht kennt, und der mit seinen vielen Inline Skatern und Musikern doch recht sehenswert ist. Auf dem Weg dorhin kommen wir an mehreren älteren Frauen vorbei, die rührenderweise drei Kleiderbügel mit wirklich hässlichen Klamotten in den Händen halten und versuchen, diese an den Mann zu bringen... Auch fällt uns der beliebte russische Style, nämlich orange Haare zu haben, ins Auge. Im Park selbst treibt uns der Hunger in eine Art Biergaren, wo es Essen vom Grill gibt. Da niemand ein Wort englisch (oder deutsch) versteht, zeigen wir kurzerhand auf das Hühnchenfleisch, die Kartoffeln und das Gemüse und ordern eine Dose Bier für jeden. Über den Preis machen wir uns bei diesem simplen Gericht auf Plastiktellern nicht den geringsten Gedanken.. hätten wir jedoch vielleicht. Die Rechnung lautet nämlich über stolze 2756 Rupien!, was hier ein Vermögen ist, und auch für unsereins keine ganz geringe Rechnung. Etwas enttäuscht über diese Abzocke von sonst recht freundlich scheinenden Leuten gehen wir zurück zum Hotel, und sehen durch die Fenster des Ganges einem netten kleinen Feuerwerk zu, dessen Grund uns nicht bekannt ist. An unserer Zimmertür 1544 vorbeikommend, wundern wir uns etwas, da der Fernseher laut an ist... Wir hatten zwar zuvor kurz das Fernsehprogramm gecheckt, jedoch keinen russischen Kanal und mit grosser Sicherheit den Fernseher komplett aus gemacht. Etwas gruselig, aber im Zimmer selbst ist ansonsten alles in Ordnung und unangetastet. Wir machen noch ein paar Witze über dieses riesige Hotel mit seinen etwa 3000 Zimmern, den "Shining" Gängen und dem gespenstischen Fernseher, und schlafen trotzdem bestens.
Getting ready für die Zugfahrt!
Am nächsten Tag werde ich glücklicherweise von selbst um halb neun wach. Ich hatte zwar den Abend zuvor den Wecker für uns gestellt, dieser klingelte aber merkwürdigerweise nicht. Das Frühstück wollen wir uns schliesslich nicht entgehen lassen. Danach ist es Zeit fürs Auschecken. Das Gepäck bringen wir in den Keller, wo sich eine - natürlich ebenfalls riesige - Gepäckaufbewahrung befindet. 60 Rubel kostet die Aufbewahrung pro Gepäckstück, das geht in Ordnung. Wir machen uns auf den Weg zur gegenüberliegenden Metrostation und finden mit ein paar Verirrungen schließlich ganz alleine den Weg zum Kreml, worauf wir schon auch etwas stolz sind. Wir wollen den guten alten Lenin besuchen, Kameras sind nicht erwünscht, also müssen wir unsere Taschen abgeben, was auch wieder 60 Rubel kostet. Die Warteschlage ist zwar lang, aber dank guter Organisation warten wir nicht länger als 15 Minuten. Mit dem Ergebnis: Naja,... hätte man sich auch schenken können, als Riesenerlebnis werde ich den Besuch des Mausoleums jetzt nun wirklich nicht in Erinnerung behalten, aber immerhin kann ich nun sagen "ich war da". Ob der einbalsamierte Körper nun echt ist oder nicht, das kann man wirklich nicht sagen, und darüber streiten sich die Geister. Auf jeden Fall wird Lenin gut bewacht und es wird sogar auf anständiges Benehmen geachtet. So wird Dave tatsächlich von einem der Wächter in der Dunkelheit der Kammer aufgefordert, seine Hände aus den Hosentaschen zu nehmen. Nachdem wir unsere Handtaschen wieder abgeholt haben drehen wir eine Runde durch das berühmte Shopping Center GUM, wo wir uns kurzzeitig nach Mailand versetzt fühlen und nicht wirklich etwas leisten können. Danach ist es an der Zeit für das "Innere" des Kremls, wofür man sich ein Ticket für 300 Rubel kauft (Studenten mit Ausweis 70 Rubel). Dave's Tasche überschreitet die Maximalmaße und prompt ist eine weitere Gepäckaufbewahrung notwendig. Bis auf die wunderschönen Kirchen mit ihren interessanten bunten Bemalungen sind wir nicht allzu beeindruckt, aber natürlich ist es dennoch toll, diesen berühmten Platz besucht zu haben. Der Hunger ruft. Da wir uns nun schon so gut in der Straße "Arbat" auskennen und einen interessanten Restaurant Tipp aus dem Lonely Planet sehen schlagen wir erneut diese Richtung ein. Das "Moo-Moo" ist wirklich ein guter Tipp, hier gibt es leicht zugängliches russisches Essen, nicht zu teuer, nur wird eine schnelle Entscheidung erwartet, zu der wir drei nicht gleich in der Lage sind, und somit immer wieder vom Personal hinter dem Tresen zur Eile ermahnt werden. Nach dem Essen fühlen wir uns wieder etwas fußlahm und nehmen die Metro zurück zum Hotel um in der Lobby zu relaxen. Karen nutzt kurz das Internet im "Business Center" des Hotels ( 15 Minuten = 100 Rubel). Wir hatten zuvor ein Internetcafe in Arbat gefunden, aber leider war die Verbindung gerade ausgefallen und wie wir erfuhren, gibt es wohl nur etwa drei weitere öffentliche Internetcafes m Zentrum Moskaus.. Da wir gestern so viel für das Dinner ausgegeben hatten, beschliessen wir diesmal zu sparen und ordern Pizza und Ice Tea an einem der Stände vor unserem Hotel, beides zusammen für 156 Rubel. Schon geht es auf 22 Uhr zu und ist somit an der Zeit Irina, unseren Guide, zu treffen. Mandy und Nicci warten schon an der Rezeption, kurz darauf kommt auch Irina. Wir holen das Gepäck aus der Aufbewahrung, der Bus wartet schon und bringt uns direkt zum Bahnhof. Wir hatten zuvor in dem kleinen Supermarkt beim Hotel noch schnell ein paar Snacks eingekauft und fühlen uns nun gut vorbereitet, die lange Zugfahrt anzutreten. Natürlich sind wir superneugierig, wer denn so mit uns reisen wird. Kaum am Bahnsteig angekommen höre ich hinter mir auch schon eine fröhliche Stimme 'Hello' rufen, drehe mich um und werde von einem sympathischen holländischen Pärchen angelächelt und begrüsst. Wie sich kurz darauf auch schon herausstellt, habe ich die Ehre, mir mit den beiden das Abteil zu teilen, während Dave und Karen in einem anderen untergebracht sind, sowie Mandy und Nicci. Da es sich jeweils um 4-Bett-Abteile handelt, bleiben wir weiterhin gespannt, wer sich noch so in das Abteil verirren wird, aber mit den beiden als Mitreisende bin ich schon mal äußerst zufrieden. Ich habe eines der beiden unteren Betten und verstaue somit mein Gepäck unter dem Bett, während die oberen Betten oberhalb des Fußendes eine grosse Ablage bereithalten. Wir drei richten uns ein und machen es uns gemütlich, das vierte Bett scheint für diesen Abend zumindest frei zu bleiben. Wir sind ready für die Zugfahrt, und alle miteinander mehr als gespannt was sie für uns bereithalten wird. Von Irina verabschieden wir uns mit einem kleinen, von zuhause mitgebrachten, Geschenk und etwas Trinkgeld, das wir alle zusammengelegt haben. Es kann losgehen!
Der erste Tag im Zug
Um ca. 11 Uhr wache ich auf und finde, dass die Nacht im Zugabteil recht angenehm war. Ein bisschen warm vielleicht und irgendwie wird man durch die schaukelnden Bewegungen des Zuges eher zum Toilettengang animiert als sonst, aber erholsam war die Nacht auf jeden Fall, und glücklicherweise befindet sich unter meinen Mitreisenden auch kein Schnarcher. Zum Frühstück gibt's bei mir Porridgeflocken mit frischen Bananenstücken und Zucker, alles mit Hilfe des heissen Wassers aus dem "Samovar" zubereitet, dazu einen Tee. Im Bad mache ich mich frisch, und finde nun auch endlich heraus, wie das fliessende Wasser funktioniert, nämlich durch Andrücken des Hebels, und zwar von unten nach oben. Gestern war ich an dieser Vorrichtung noch gescheitert, aber heute kenne ich mich im Zug schon um einiges besser aus. Ich putze mir die Zähne, wasche mich mit Hilfe des zur Verfügung gestellten Handtuchs und ziehe mich im Bad um, wobei es gar nicht so einfach ist, das Gleichgewicht zu halten. Gegen 12 Uhr halten wir das erste Mal für ungefähr 15 Minuten, dürfen den Zug verlassen und in Kirov auf den Bahnsteig hüpfen. Ich kaufe einer "babuschka" für 10 Rubel ein hart gekochtes Ei ab, was mein Frühstück noch vervollständigt. Zurück im Zug mache ich es mir mit meinem Buch "Der Alchimist" gemütlich, trinke Tee, esse, schnacke mit meinen Mitbewohnern. Bis zum nächsten Stop gegen 16 Uhr. Diesmal sind es ganze 20 Minuten, die wir uns die Beine vertreten können, und Arjan ersteht ein Bier für 60 Rubel. Die Ladys verkaufen am Bahnsteig ihr selbstgemachtes Essen: Fisch, Salate, Gerichte mit Kartoffeln und Hühnchen, Früchte, Getränke. Der Nachmittag geht mit Besuchen der anderen Abteile drauf. Dave und Karen, die zuvor ein paar ruhige russische Mitbewohner hatten, sind nun allein in ihrem Abteil und haben jede Menge Platz für Besucher. Auch unsere viertes Bett ist immer noch unbesetzt, im gesamten Waggon geht es recht ruhig und gemächlich zu. Irgendwann werden wir müde, Dave schläft ein und beginnt zu schnarchen, Albertine liest in ihrem etwa zwei Kilogramm schweren Buch zum Thema europäische Geschichte, auch ich schlafe ein, und wache erst 2,5 Stunden später wieder auf, der Tag ist aber auch wirklich einfach zu anstrengend!.. An unseren Zugfenstern ziehen Bäume und Holzhäuser vorbei. Bei einem weiteren Stopp wollen wir für das Abendessen einkaufen, jedoch gibt es nichts als Instant-Nudeln, was uns nicht gerade vom Hocker reisst und wovon wir selbst auch noch einen ganzen Vorrat im Gepäck haben. So beschliessen wir stattdessen den Speisewagen auszutesten. Für 115 Rubel bekommen wir eine leckere russische Suppe "Bortsch" und für 70 Rubel ein Bier, das wir jedoch mitnehmen müssen, da das Restaurant bereits um 23 Uhr dicht macht. Wir machen uns auf den Weg zurück zum Abteil, in Dave und Karens Abteil ist in der Zwischenzeit in neuer Mitbewohner eingezogen, der jedoch schon schläft. Albertine und Arjan hatten eine neue Bekanntschaft geschlossen und mit ihm auch bereits schon Geschenke (russische Holzpuppen gegen hölzerne Klokjes als Schlüsselanhänger) ausgetauscht - ganz wie es auch in unseren Guidebüchern erwähnt wird! Der neue Freund folgt uns in unser Abteil und wir sitzen den restlichen Abend zu sechst zusammen, werden über unsere Zuhause ausgefragt und erfahren einiges Interessantes über das Leben in Russland. Etwas Geduld ist gefragt, sowie Phantasie, denn das Englisch beschränkt sich bei unserem neuen russischen Freund auf ein paar wenige Brocken. Beeindruckend ist jedoch, wie er verschiedene russische Gedichte aus dem Ärmel schütteln kann und rezitiert. Erstaunt ist er im Gegenzug, dass Karen als Engländerin kein Shakespeare parat hat.. Bevor er sich verabschiedet gibt er uns noch seine Telefonnummer, für den Fall, dass wir in Russland Hilfe benötigen und er uns helfen kann, supernett. Ich lese mein Buch zu Ende, putze mir im Bad die Zähne, und dann ist noch ein wenig Stricken angesagt - schön war dieser erste Tag im Zug!
Wodka mit Russen
Am nächsten Tag stellen wir gemütlich in Daves und Karens Abteil sitzend fest, dass wir noch eine Nacht länger als erwartet im Zug verbringen... komischerweise waren wir alle bisher von drei Nächten bis Irkutsk ausgegangen, tatsächlich sind es aber vier. Genügend Zeit also, zum Entspannen, Lesen und Mitreisende kennenlernen - prima! Mein Frühstück besteht auch heute wieder aus Porridge, Bananen, heute allerdings ganz exklusiv mit Schokoladenstücken versetzt. Die anderen schauen etwas mitleidig in meine Schüssel, denn sie haben sich Brot und Käse aus dem Supermarkt mitgebracht, dass sie durchaus gerne mit mir teilen möchten, aber ich habe tatsächlich an meinem Brei Gefallen gefunden. Dieser Tag verläuft wirklich erfolgreich, ich stricke nicht nur eine Tasche für meinen Freund zu Ende, sondern lerne auch noch ein wenig in meinem Italienischbuch und lese. Der Tag kehrt sich jedoch ganz plötzlich in eine völlig neue Richtung, als wir für ein paar Minuten am Bahnsteig anhalten und draussen für zehn Minuten eine Runde drehen. Zurückkommend hat sich einiges verändern. Dave und Karen, die zuvor noch die Vorzüge eines privaten Abteils genossen haben, sind entsetzt: zwei neue Mitbewohner! Und nicht etwa irgendwelche, sondern die wohl breitschultrigsten Bewohner ganz Russlands, inklusive haariger Brust und Goldzähnen. Als ich vorsichtig ins Abteil luge, streckt sich mir ein halb entblösstes Hinterteil entgegen, dass gerade dabei ist, Gepäck unter dem Bett zu verstauen. Das blanke Entsetzen steht Dave und Karen im Gesicht geschrieben, und ich ziehe mich grinsend in mein ruhiges Nachbarabteil zurück, in das noch immer niemand Fremdes eingezogen ist. Ganze zwei Minuten dauert es etwa, bis ich das erste gemeinsame Lachen vernehme, und dies steigert sich in seiner Lautstärke recht schnell zu grossem Gelächter. Nach etwa einer halben Stunde wird die Tür meines Abteils aufgezogen und Dave kommt herein, um mir Bescheid zu geben, dass die gesamte Gruppe sich jetzt auf ins Restaurant macht. Ob ich mitkommen wolle? Schon etwas betrunken dreinschauend erklärt er mir, dass russisch ja so unheimlich leicht zu verstehen sei, und er überhaupt gar keine Verständigungsschwierigkeiten mit den neuen lustigen Mitbewohnern habe, die das Abteil in Beschlag genommen haben und u.a. Wodkaflaschen, getrockneten Fisch, Speck und Messer aus ihren Taschen geholt haben. So ganz überzeugt bin ich im ersten Moment nicht und schliesslich gerade so fein am Stricken. Ich lass die anderen also vorgehen und sage, ich würde nachkommen. Etwa eine weitere Stunde später kommt Karen ins Abteil und sagt, ich müsse nun aber wirklich mitkommen, und sie hätten so viel Spass. Ok, nun bin ich wirklich neugierig geworden, und folge ihr in den Speisewagen, wo sich mittlerweile auch Albertine und Arjan eingefunden haben, und die Tische mit Bier- und Wodkaflaschen übersät sind. Natürlich wird mir auch prompt ein Glas verpasst, Wodka eingeschüttet und zudem eine Flasche Bier vor die Nase gestellt. Moment, moment, wo soll ich denn anfangen? Kaum ist ein Gläschen leer folgt auch schon das nächste. Leider fehlt es mir augenscheinlich an Daves Talent, ich verstehe leider nur Bahnhof, und keiner der Russen spricht auch nur ein Wort englisch. Sergeij II versteht angelblich ein bisschen deutsch, aber wenn ich ihn anspreche gibt er keine Antwort und ich bin mir nicht ganz sicher. Trotzdem haben wir Spass zusammen, und das ist wirklich faszinierend, keiner versteht den anderen, aber alle lachen miteinander! Irgendwann ist es Zeit für einen weiteren Stopp und ich entscheide mich, kurz auszusteigen. Auch Karen, Sergeij II und Alexander finden sich draussen ein, merkwürdigerweise ist dieser eine Bahnhof von Mücken übersät. Lange halte ich es daher hier nicht aus. Karen erwähnt, sie hätte Lust auf ein Eis und kaum ausgesprochen kaufen die beiden Russen auch schon den gesamten Bahnsteig leer. Über das erste Magnum freue ich mich ja noch, am zweiten versuche ich mich, muss dann aber aufgeben und widme mich lieber wieder den Drinks. Zu späterer Stunde müssen wir den Speisewagen räumen und verlegen die Party in eines der leer stehenden Abteile. Ein Wodka folgt dem nächsten, doch irgendwann winke ich ab, und dies wird wider Erwarten auch akzeptiert. Jungs haben es da nicht ganz so leicht, und so endet Daves und Arjans Abend dann auch recht schnell im Bett bzw. im Bad... Einer nach dem anderen verabschiedet sich still und leise, der Wodka macht den meisten etwas zu schaffen, nicht so den Russen! Speziell Sergeij II findet kein Ende, und kommt später noch ein paar Mal in unser Abteil geschwankt um uns zum Trinken aufzufordern. Schliesslich verschliessen wir die Tür unseres Abteils, um endlich in Ruhe zu schlafen. Für diesen Abend reicht es uns, aber lustig war das Zusammentreffen allemal. Ich widme mich noch meiner Strickarbeit, bevor wir in Sibirien ankommen will ich mir eine Mütze gestrickt haben. Mein persönliches Highlight - neben dem Wodkatrinken - war heute eine babuschka, die an unserem Abteil vorbeigekommen war um ihre Strickarbeiten (Pullover, Jacken, etc.) an den Mann zu bringen. Ganz erstaunt hatte sie mich angesehen, als sie feststellte, dass ich auch gerade dabei bin, und mir kurzerhand ein unbearbeitetes Wollknäuel verkauft, dass ich natürlich nicht abzulehnen vermag. Leider stank die Wolle ziemlich nach Schaf und fusselte auch noch ohne Ende, meine Mitbewohner stellten sich zum Glück nicht so an und lachten nur über den etwas gewöhnungsbedürftigen Geruch in unserem Abteil. Immer noch den besser als der Geruch von Sergeij II's Wodkafahne, wie ich ja finde...
Das Gefühl von Luxus
Mit leichten Halsschmerzen wache ich am nächsten Morgen auf, das An- und wieder Abschalten der Klimaanlage im Zug macht mir etwas zu schaffen, und sehe, dass es erst 3:52 Uhr ist, also nach Moskauer Zeit, denn die gilt hier im Zug. Ich befinde dies dann aber doch als zu früh und nicke wieder ein. Um 8 Uhr werde ich schliesslich davon geweckt, dass sich meine Mitbewohner gerade aus ihren oberen Betten hangeln. Irgendwie macht im Zuggang das Gerücht die Runde, dass es an Bord tatsächlich eine Dusche geben soll, die man gegen Bezahlung nutzen kann. Das wäre ja mal was! Ich versuche also die genauen Details bei der "provodnitsa" zu erfragen, was aufgrund verschiedener Sprachkenntnisse wieder mal in Zeichensprache endet. Energisch gibt sie mir schliesslich das Zeichen ihr zu folgen, und wir rasen förmlich durch den Gang, sie in Stöckelschuhen, ich mit meiner Kulturtasche und gerade aus dem Bett gestiegen und durchqueren dabei den Speisewagen, wo uns (zumindest mich) alle ansehen. Sie gibt mich im nächsten Waggon bei der hier regierenden "provodnitsa" ab. Die Zeichensprache signalisiert, dass es wohl noch ein wenig dauert, bis es soweit ist. Vielleicht muss das Wasser ja noch aufgeheizt werden? Ich begebe mich in mein Abteil zurück und probiere es nach zwanzig Minuten erneut. Die Tür zum Duschabteil steht jetzt offen, und ich probiere einfach mal mein Glück. Überraschenderweise ist die Dusche geradezu komfortabel, groß, keine Probleme mit dem Gleichgewicht halten, genügend Wasser aus der Brause... Ich bin begeistert und fühle mich danach gleich wieder viel besser. Die letzten Tage im Zug waren wir doch ganz schön ins Schwitzen gekommen, speziell nachts, wenn die Klimaanlage ausgestellt wurde. Die "Provodnitsa" knöpft mir 72 Rubel ab, fairer Deal wie ich finde. Zurück im Abteil werde ich umlagert, alle wollen von mir wissen, was es mit der Dusche auf sich hat, und jeder beschliesst bereits einen Termin. Ja, ja, das Zugleben macht schnell aus Kleinigkeiten richtige Highlights. Eine Dusche, ein am Fenster vorbeiziehendes Dorf, kleine Änderungen in der Landschaft, langweilig wird es uns tatsächlich nicht. Und als nächstes steht das Frühstück auf dem Programm. Wieder gibt es bei mir Porridge, Bananen und Schokolade, - und mitleidige Blicke von den Mitreisenden. Hmm, vielleicht wird es tatsächlich bald mal Zeit für eine Veränderung? Am heutigen Tage schaffe ich es, meine Mütze zu Ende zu stricken, Sibiriens kalter Wind kann kommen. Wir haben einen längeren Stopp am Bahnhof, an dem wir uns die Beine vertreten können und sind ganz aus dem Häuschen, zwanzig Minuten in der angenehmen Sonne verbringen zu dürfen. Der Tag wird mit Essen (Instantkartoffelbrei von zuhause und frische Köstlichkeiten vom Bahnhof: Krautsalat, Essiggurke, Hühnchenfrikadelle, Crepe mit süssem Käsequark) zugebracht - lecker! Wir beschliessen eine Runde durch den Zug zu drehen, um zu sehen, wie es sich in der 3. Klasse so wohnt... Hmmm, nicht so gut, 45 Leute in einem Abteil, auf Dauer vielleicht etwas beklemmend, aber definitiv eine interessante Mischung vieler verschiedener Gerüche. Froh über unseren Luxus kehren wir recht schnell wieder in unseren Waggon der 2. Klasse zurück. Über meinem Buch schlafe ich fatalerweise trotz fehlender Müdigkeit ein und wache erst ganze zwei Stunden später wieder auf, was sich leider so überhaupt nicht mit dem nächtlichen Schlaf verträgt. Die anderen hatten beschlossen früh schlafen zu gehen, denn wir müssen am nächsten Tag früh raus. So ist es nach Moskauer Zeit gerade einmal 19:45 als das Licht ausgeknipst wird, viel zu früh für mich. Ich liege stundenlang wach und langweile mich in der Dunkelheit enorm. Mit Hilfe der Taschenlampe zu lesen ist mir irgendwie auch zu anstregend und so bleibt es beim Musikhören. Da ich leider keine weitere Ablenkung habe, konzentriert sich mein Körper auf das gemütliche Schaukeln des Zuges und gibt mir netterweise das Gefühl, ich müsse etwa alle Stunde das Klo aufsuchen - anstrengend. Zudem verstärkt sich das Gefühl von Hals- und Kopfschmerzen, ich will bloß einschlafen. Fünf Stunden liege ich wohl wach, bis es endlich so weit ist, leider schrecke ich um 2:20 Uhr aus dem Schlaf, als unsere "provodnitsa" alles andere als liebevoll an die Abteiltür hämmert. Wir können es gar nicht fassen, wie schnell die letzten Tage im Zug verflogen sind. Schon ist es ist an der Zeit, den Zug zu verlassen und die nächsten beiden Nächte am Baikalsee in einer russischen Familie zu verbringen, wie aufregend!
Bootstrip auf dem Baikalsee
Bepackt mit all unseren Sachen steigen wir früh morgens in Irkutsk aus dem Zug und werden von Iwan in Empfang genommen. Von Albertine und Arjan verabschieden wir uns vorübergehend, denn wie wir festgestellt haben, werden wir in zwei Tagen in Irkutsk wieder in den selben Zug einsteigen, und ich mir wie gehabt mit den beiden das Abteil teilen. Iwan, der wie sechszehn aussieht, tatsächlich aber dreiundzwanzig ist, führt uns zum bereitsstehenden Minivan, der uns nach Listvyanka an den Baikalsee bringt, und steigt selbst in seinen eigenen Wagen. Die Fahrt dauert etwa eine Stunde. In Listvyanka werden wir von einer netten russischen Frau namens Galina begrüsst, bei der wir die nächsten beiden Tage und Nächte verbringen werden. Dave und ich teilen uns ein Zimmer, Mandy und Nicci ein weiteres, und Karen ist in einem Einzelzimmer untergebracht. Das Frühstück ist schon für uns gemacht, und uns erwartet leckeres Brot, Butter, Käse, Marmelade, selbtsgemachter Kuchen, Tee und Kaffee, also etwa wie von zuhause her gewohnt, und zudem sehr nett angerichtet. Hach, ich liebe es einfach, wenn jemand mit dem Frühstück schon auf mich wartet und ich mich nur noch setzen muss... Zudem scheint die Sonne, und obwohl wir alle aufgrund des frühen Aufstehens ein wenig müde sind, beschliessen wir anstatt zu schlafen, lieber eine Runde durch den Ort zu drehen. Es ist ganz schön kühl draussen, und sowohl mein Poncho als auch meine selbstgestrickte Mütze kommen nun zum Einsatz. Wir schlendern gemütlich am See entlang und kaum im "Zentrum" (der Ort ist klein) angekommen treffen wir auf: Albertine und Arjan!, die gerade auf dem Weg zum Markt sind, um sich ihren frischen Fisch für diesen Abend zu sichern. Iwan kommt ebenfalls vorbeigefahren und sucht uns, um uns einen Bootstrip mit dem Glasboot anzubieten. Wie er erzählt sind gerade noch sechs Plätze frei und wenn wir teilnehmen wollen, fährt er uns schnell hin. Klingt gut! Wir quetschen uns alle fünf in seinen Wagen und fahren die etwa 1000 m zum Bootssteg. Dort kaufen wir uns für 300 Rubel ein Ticket. Kein wirkliches Schnäppchen, aber wir sind schon neugierig, was der See so zu bieten hat. Vom Ufer aus erkennt man schnell, dass der Baikalsee unheimlich klar ist, und wie uns Iwan erzählt, hat er 3,5 °C. In der Dunkelheit des Glas Bottom Boats fällt es uns schwer, die Augen offenzuhalten, die Müdigkeit macht sich jetzt doch breit. Zudem gibt es nicht wirklich viel zu sehen. Um genau zu sein bloss Steine und Baumstämme.. Die einzige Überraschung ist der plötzliche Abfall von etwa 10 m in Ufernähe auf Hunderte von Metern. Obwohl es nicht gerade viel zu sehen gibt, und das Ticket stolze 8 Euro kostet, ist es widerum auch irgendwie interessant, zu wissen, dass es eben nicht viel zu sehen gibt. Wir kommen rechtzeitig zum Mittagessen wieder zurück und Galina tischt frischen Fisch mit Salat auf, dazu eine leckere "Borsch-Suppe" - lecker!! Nach dem Essen ruhen wir uns ein wenig aus und beschliessen dann einen Spaziergang zum hiesigen Museum, das das Leben im und am See erklärt. Der Museumsbesuch fällt um einiges aufschlussreicher als der vorherige Bootstrip aus, was sicherlich auch daran liegt, dass Iwan die auf dem Boot in russisch abgehaltenen Erklärungen nachholt, und und alles, was wir zuvor nicht verstehen konnten, anschaulich macht. Im Museum sind alle Seebewohner ausgestellt, zudem gibt es ein Aquarum, in dem sich verschiedene Fische tummeln, das Highlight sind die beiden Seehunde. Der Eintritt von 200 Rubel lohnt sich auf jeden Fall! Im Anschluss machen wir einen Spaziergang und schleppen uns, müde aber dennoch interessiert wie wir sind, den Berg hoch. Wir kommen an Schneerelikten vorbei, scheinbar ist es erst etwa drei Wochen her, dass hier der Frühling eingebrochen ist. Im Winter ist dieser Berg Teil eines kleinen Skigebiets und zu unserem Glück fährt der Sessellift auch heute. So kaufen wir uns für 75 Rubel ein Oneway Ticket und schwingen uns in den Sessellift, was so ohne Skier unter den Füßen ganz ungewohnt ist. Die Aussicht über den See ist wunderschön und wir verweilen ein wenig. Iwan packt seine Pfeife aus, und ein Gefühl von Gemütlichkeit macht sich breit. Die Luft ist klar und kühl, die Sonne scheint, das perfekte Wetter! Wir machen uns zu Fuß an den Abstieg, und als wir am Haus eintreffen, erwartet uns schon das Abendessen. Was für ein Luxus! Es gibt Dumplings und Salat, alles so frisch und lecker, und Galina scheint uns jeden Wunsch von den Lippen abzulesen. Ich freue mich nun wirklich auf mein Bett, aber erst steht noch der Saunabesuch, das russische "banya", an. In Ermangelung einer Dusche ist dies hier die einzige Möglichkeit für die Rundum-Reinigung. Da Dave absolut kein Fan von Saunen ist, mache ich mich mit den drei anderen Mädels auf den Weg. Wir geniessen die Saune sehr, doch ob es nun wahr ist, dass der Saunagang auch gut gegen Erkältungen ist, kann ich nicht so ganz bestätigen. Über Nacht macht sich jedenfalls eine dicke Erkältung breit..
Hiking durch sibirische Wälder und Picknick am See
Zumindest gut ausgeschlafen, wenn auch sonst aufgrund einer triefenden Nase leicht angeschlagen, frühstücken wir um 10 Uhr, um uns eine Stunde später pünklich mit dem Nachbarn zu treffen, der für den heutigen Tag unser Hiking Guide sein wird. Wir fahren ein kurzes Stück mit dem Auto und sind dann am Ausgangspunkt der Wanderung. Das erste Stück mutet recht steil und Mandy versucht fast einen Rückzieher. Als ihr der Guide jedoch versichert, dass es sich nur um das erste Stück handelt, und die restliche Wanderung sehr viel einfacher sein wird, ist auch sie dabei, Iwan kommt ebenfalls mit. Nach ein paar Metern machen wir gleich den ersten Halt, stecken unsere Hosenbeine in die Socken und bekommen ein Anti-Zecken-Spray verpasst. Es gibt hier die ein oder andere böse Zecke, die fiese Krankheiten überträgt, und wir müssen ein wenig aufpassen, sollen uns heute abend gegenseitig auf Zecken checken, etc. Wir wandern etwa 2,5 Stunden durch die sibirischen Wälder, vorbei an Pinien und verbranntem Gehölz. Die Wanderung verläuft angenehm und ist wunderschön entspannend, das Highlight ist dann doch das Picknick am Ufer des Sees. Zugegebenermassen ziemlich faul lehnen wir fünf uns zurück, während unsere beiden Guides sich um die Zubereitung des Essens kümmern. Hier in der Sonne ist es richtig warm, und die anderen Mädels entledigen sich ihrer Pullover. Meine Erkältung erinnert mich an die Vernunft, und bleibe eingepackt in meinen Poncho am Steinstrand sitzen. Trotzdem kann ich es mir nicht verkneifen, das Wasser des Sees einmal auszutesten. Ich steige barfuß über die Steine hinüber und tauche meine Füße in das tatsächlich eisigkalte Wassers. Schon ist auch das Essen fertig, es gibt Würstchen mit Kartoffelbrei, dazu Sandwiches mit Gurke, Tomate, Salami und Käse, Tee, Gebäck und als Nachtisch Orangen. Nach dem Essen faulenzen wir am Strand und schlendern schließlich entlang des Sees, und über eine andere Route, zurück. Eine kleine Herausforderung stellt die Kletterleiter dar, mit der wir vom Strand aus hochsteigen. Der Rückweg dauert etwa weitere zwei Stunden und führt an ziemlichen Abhängen entlang. Die Landschaft erinnert mich an Tasmanien. Sobald wir allerdings an den Holzhäusern vorbeikommen und den ersten Autos auf den Strassen begegnen, wird auf charmante Weise klar, dass wir uns nicht in Tasmanien, sondern in Russland befinden. Mit Iwans Auto fahren wir zurück zum Haus und halten dabei noch kurz an einem Laden zum Biereinkauf. Eine Flasche kostet etwa 30 Rubel, das lokale Bier ist ziemlich lecker. Im Vergleich: unsere heutige Tour inklusive Mittagessen hat 500 Rubel gekostet, und war aber auch jeden Rubel wert, ein wirklich wunderbares Erlebnis. Zuhause angekommen machen wir uns auf den Weg in die Sauna und suchen dabei alles nach Zecken ab. Obwohl zwischenzeitlich mal zwei auf meinem Schuh saßen hat es sich keine bei mir gemütlich gemacht, bei den anderen übrigens auch nicht. Gemütlich sitzen wir danach in Mandys und Niccis Zimmer, dass die Größe eines Wohnzimmers hat und schlürfen unsere Bier. Kurze Zeit später werden wir zum Essen gerufen, es gibt Hühnchen mit Reis, Salat und Brot, danach einen Tee. Wir klönen noch ein wenig, sind aber ganz schön müde von der frischen Luft, dem guten Essen und der körperlichen Betätigung. Also heisst es schon um 21 Uhr: "time to go to bed".
Tag in Irkutsk und zurück in den Zug
Meine Erkältung stört sich offensichtlich weder an dem frühen Schlafengehen, noch an der Medizin, noch an der frischen Luft, der Sauna und dem gesunden Leben hier, denn sie begrüßt mich auch am nächsten Tag wieder. Dennoch lasse ich keine Unternehmung aus, und wir machen morgens nach dem Frühstück einen Spaziergang zur hölzernen Kirche von Listvyanka, und kommen am "Retro-Park" vorbei, wo jemand gebrauchte Eisenteile ebenso kunstvoll wie liebevoll zusammengesetzt hat. Wir erledigen die letzten Besorgungen, gehen mit Iwan zur Post und ebenfalls zur Apotheke, um ein bißchen "harmlose" Medizin für mich einzukaufen. Erst will ich mich wehren, denn eigentlich bin ich der Überzeugung, dass so eine Erkältung auch von selber wieder verschwindet. Aber Iwan hat gerade die gleiche Erfahrung gemacht und will mir seine Medikamente empfehlen. Interessant allemal, eine russische ländliche Apotheke zu sehen: etwa fünfzig verschiedene Produkte ordentlich angeordnet auf mehreren Ablagen. Nachdem ich zwei kaufte, wirkt der Laden noch leerer als zuvor. Gegen 11 Uhr werden wir auch schon abgeholt, verabschieden uns von Galina und danken ihr für den tollen Aufenthalt in ihrem Haus, dann geht's zurück in die Stadt, nach Irkutsk. Iwan hat alles für uns organisiert. Zuerst stellen wir unser Gepäck in einem Hotel ab, und zahlen dabei 20 Rubel pro Gepäckstück. Dann kaufen wir kurz ein paar Dinge für den Zug im Supermarkt ein und essen im "London Pub" des selben Hotels zu Mittag, - das Angebot von 230 Rubel für ein 3-Gänge-Menü "Business Lunch" ist dabei nicht zu verachten. Wir bestellen einfach drei Menüs für 5 Leute und teilen uns das Essen. Danach geht es zum Internetcafe, und für die meisten von uns ist es das erste Mal seit Beginn der Tour, dass wir Kontakt mit Zuhause aufnehmen. Im Hotel treffen wir uns anschliessend wieder mit Iwan, der uns quer durch Irkutsk führt und uns Einzelheiten zu seiner Heimatstadt erzählt. Wir kaufen ein paar russische Souvenirs ein, denn dies ist die letzte Gelegenheit, bevor wir ab morgen in der Mongolei sind. Dann kehren wir in das "Russian Teahouse" ein, das von Innen wunderschön altmodisch eingerichtet ist und wo es russische Köstlichkeiten gibt. Ich esse dirinaki (oder ähnlich), also Kartoffelrösti mit Pilzen, dazu bliny mit Marmelade, was Pfannkuchen sind. Die anderen bestellen Dumplings, Hühnchen, Kartoffeln, Gemüse, das Essen erinnert mich sehr an Zuhause. Schliesslich laufen wir zum Hotel zurück, wo auch kurz nach uns der Minivan eintrifft, der uns zum Bahnhof fährt. Ich kaufe für 8 Rubel noch schnell eine Rolle Klopapier, - man weiss ja nie, was der Zug an Überraschungen für einen bereithält, auch meine Nase verlangt außerdem nach einer Menge Papier. Zu unserer Überraschung ist das Zugabteil voller Backpacker aus Frankreich, England, Holland, USA... Wir sitzen in unserem Abteil noch bis halb zwei nachts zusammen, trinken Bier und Wodka, allerdings in Maßen diesmal. Dieser mongolische Zug zwischen Irkutsk und Ulan Bator ist zwar von der Ausstattung etwas einfacher (kein Restaurant, keine Dusche, Betten etwas kürzer und härter) allerdings macht das freundliche Personal das alles wett, heimlich und ganz "unter der Hand" wird mit Bier gehandelt, wobei erst die Bestellung (aber psssscht) aufgeben wird, Minuten später eine Plastiktüte mit dem gewünschten Inhalt ins Abteil geworfen wird und Tür zu, und wiederum Minuten später die Zahlungsaufforderung kommt - alles ein ganz großes Geheimnis, wie es scheint. Wir zahlen 40 Rubel pro Bier, was fair erscheint, in Angesicht der Tatsache, dass der Verkauf mit einem gewissen Risiko verbunchen zu sein scheint. Wir stoßen auf unseren letzten Tag in Russland an, denn schon morgen werden wir in die Mongolei einreisen!
Die russischen Grenzbehören lassen nicht mit sich spaßen..
Der heutige Tag besteht vor allem aus Warten - und großer Aufregung...!! Alles beginnt damit, dass wir um etwa 13:30 Uhr in Naushki ankommen, dem Grenzbahnhof zwischen Russland und der Mongolei. Zuerst realisieren wir dies gar nicht und freuen uns sehr, uns kurz mal die Beine auf dem Bahnsteig zu vertreten, genießen die Sonne und den erfrischenden Wind. Als wir jedoch erfahren, dass wir uns die nächsten 4 Stunde hier aufhalten werden, erscheint uns der Bahnhof plötzlich etwas eintönig. Wir laufen neben dem Zug entlang, um ihn endlich auch mal von vorne zu sehen, entdecken ein "prison carriage" aus dem Häftlinge in Handschellen geführt werden und dessen Fenster mit Drahtstäben versehen sind. Hinter dem Bahnhofsgebäude finden wir einen kleinen Markt mit Second-Hand-Klamotten (unser Interesse hält sich in Grenzen) und einen Supermarkt, in dem wir uns Eis, Getränke und Chips für die Weiterfahrt kaufen. Zu späterer Stunde werden im Zug unsere Reisepässe eingesammelt und die Visa überprüft. Als die russische Angestellte in meinen Pass guckt, murmelt sie irgendwas von wegen "problems" und ich bin zu diesem Zeitpunkt aber noch ganz zuversichtlich, dass alles in Ordnung sein muss. Wie es sich etwas später herausstellt, ist mein Reisepass tatsächlich in Ordnung, dafür steht bei Nicci und Mandy großer Trouble an. Und zwar deswegen, weil heute der 4. Juni ist und die beiden englischen Mädels sich scheinbar nicht um die offizielle Bestätigung geschert hatten, sondern ihre Visa ohne diese Unterlagen beantragt hatten. Jedenfalls stand auf ihren Visa nun als Ausreisedatum aus Russland der 3. Juni, und auch wenn dies wie eine Lappalie erscheint (schließlich will man ja das Land verlassen) ist es eine höchst ernste Angelegenheit. Die beiden werden förmlich aus dem Zug geschmissen. Etwa zeitgleich hören wir im Zug von einer Russin, die mit ihrem amerikanischen Mann gerade zwei Tage zuvor genau das Selbe erlebt hatte, und rufen das Shoestring Büro an, um Hilfe zu erbitten. Die Shoestring Hilfe besteht aus einer Kontaktaufnahme mit der Agentur in Moskau, die sofort ein Fax an die Grenzbehöre rausschickt, um zu bestätigen, dass die beiden Mädels Teilnehmer einer festen Tour sind etc. - kein Erfolg! Die Grenzbeamten stellen sich taub und versteifen sich auf ihre Bürokratie. Die Hifle der Russin besteht darin, uns genau zu erzählen, wie ihre beiden letzten Tage seit Verlassen des Zuges verlaufen sind. Sie ruft für uns den Mann an, der sich um sie gekümmert hatte, indem er eine Art Visabeschaffungs-Notfalldienst anbietet. Als er kurz darauf auch schon am Bahnhof erscheint, um die beiden Mädels in Empfang zu nehmen, und dabei die Grenzbeamten sehr freundschaftlich begrüsst, kommt fast der Verdacht auf, dass eine gewisse Zusammenarbeit besteht - aber naja. Im Endeffekt sind wir in diesem Moment dankbar, dass sich jemand kümmert, denn die Grenzbeamten lassen uns komplett mit unserem Problem allein, niemand spricht englisch, und der Bahnhof befindet sich in einem winzigen Ort, in dem man tatsächlich nicht wüsste, wohin. Wie uns die Russin, die zum Glück perfekt englisch spricht, da sie in Alaska lebt, uns erzählt fährt der Mann nun mit den beiden Mädels nach hause, wo seine Frau Essen kocht und sie übernachten können. Am nächsten Tag werden sie dann in die nächstgelegene Stadt, Ulan Ude, fahren wo er sie bei der Visabeschaffung unterstützt. Es ist sowohl eine Strafgebühr als auch die Bezahlung des Mannes fällig, zudem werden die beiden frühestens den Zug in zwei Tagen nehmen können und somit die beiden Tage/Nächte im "Yurt Camp" verpassen - für mich eines der Highlights dieses Trips. Ich bin gleichzeitig so froh, dass mir nicht das selbe widerfahren ist *Horror* und mir tun die beiden unendlich leid, wie sie da nun zurückgelassen mit ihrem Gepäck am Bahnsteig stehen, den Tränen nahe. Uns bleibt nichts, als die Weiterfahrt anzutreten und aus dem Zugfenster mitleidig "good-bye" zu winken. Wir fahren ein paar Kilometer durch Niemansland und kommen dann an die mongolische Grenze, hier läuft alles sehr viel streßfreier ab. Wir können kurz aussteigen, die Pässe werden relativ zügig kontrolliert und plötzlich kommen diverse Leute ins Zugabteil gestiegen, die einem die russischen Rubel gegen mongolische Tugrik eintauschen wollen. Meine Rubel habe ich komplett ausgegeben, aber ein paar der mitgebrachten US Dollar möchte ich gerne loswerden. Also tausche ich - auch auf die Gefahr hin, über's Ohr gehauen zu werden - ein bißchen Geld ein. Langsam werden wir müde, das lange Warten (insgesamt hat die Grenzüberschreitung ganze 8 Stunden gedauert) und die Aufregung um Nicci und Mandy haben uns Nerven gekostet, wir gehen früh zu Bett.
Gemütliche Jurte und luxuriöses Essen
Um 4:30 Uhr werden wir am nächsten Morgen geweckt, um 6 Uhr erreichen wir Ulan Bator. Wir müssen uns wieder mal von Albertine und Arjan verabschieden, haben aber schon ein Wiedersehen in Peking ausgemacht. Wir werden schon von unserem Guide Naki am Bahnsteig erwartet und direkt zum Wagen gebracht. Die Fahrt zum "Elstei Ger Camp" dauert etwa eine Stunde. Unterwegs halten wir kurz, denn Nakis Mutter wartet am Straßenrand, um ihm seine frischgewaschene Wäsche zu übergeben, wie er uns erzählt. Wow, das Camp befindet sich inmitten von ... NICHTS.. Unglaublich und total faszinierend. Etwa dreissig Jurten stehen nebeneinander und sind so gross, dass 4 Leute darin schlafen und sich zudem bestens bewegen können. Ich bin begeistert! Die Jurten faszinieren mich schon seit einer ganzen Weile, und endlich ist es soweit, dass ich in einer schlafen darf. Allerdings scheint das Camp ziemlich leer zu sein. Wie Naki uns erzählt, befinden sich derzeit noch zwei japanische Damen im Camp, in ein paar Wochen geht die Hochsaison los, und dann ist alles komplett gebucht. Die beiden Japanerinnen verbringen hier ganze 8 Tage, wie wir erfahren, um ausschliesslich Reitausflüge zu machen - na, das kann man hier sicherlich gut, wenn man sich die Weiten des Landes so ansieht. Als erstes genehmigen wir drei, also Karen, Dave und ich uns eine Dusche und frühstücken dann. Das Frühstück ist an diesem Morgen nicht im Preis inklusive, kostet aber nur 5 US Dollar. Ja, mit US Dollar kann man hier im Camp auch bezahlen, ich hätte also gar nicht so dringend Geld eintauschen müssen, wie ich jetzt feststellen. Vor dem Mittagsschlaf wandern wir noch auf einen kleinen Hügel, um uns das Camp von oben anzusehen, und mehr von der Gegend zu sehen. In jede Richtung kann man von hier aus in die Ferne blicken, und sieht mit Ausnahme weniger Jurten nur Landschaft, Sand und ein paar Pferde, Schafe und Ziegen. Zurück im Camp hauen wir uns ein Weilchen auf's Ohr und werden von Naki geweckt: das Mittagessen ist fertig. Und wiedereinmal speisen wir wie "Gott in Frankreich". Tatsächlich gibt es nicht weniger als ein 4-Gänge-Menü, inklusive Koch, der sich nach unserem Wohlbefinden erkundigt und eine Verbeugung andeutet, als wir ihm danken. Mit Naki zusammen machen wir nach dem Essen eine weitere Wanderung, zu einer religiösen Stätte auf dem Gipfel eines Hügels, die irgendwie sehr an Tibet erinnert. Zurück im Zeltcamp schlafen wir wieder ein (was für ein faules Dasein!) und wieder werden wir geweckt, um zum Essen zu kommen, diesmal "nur" ein 3-Gänge-Menü. Nach dem Essen will Naki mit uns das berühmte "Ankle-Bone-Game" spielen, aber uns ist mehr nach ein wenig sportlicher Betätigung zumute, und so greifen wir stattdessen zu Pfeil und Bogen. Zurück in der Jurte kommt jemand vorbei, um für uns den Ofen anzumachen. Tatsächlich ist es draussen nach einer heissen Tagestemperatur (aber durch den Wind angenehm) recht frisch geworden, und wir sind richtig froh, in den Genuss des gemütlichen Ofens zu kommen. Nun wir es in der Jurte so heiss, dass wir die Tür offenstehen lassen müssen. Karen kommt auf die glorreiche Idee, ihren Schal davor zu hängen und so entsteht ein gemütliches Licht, ich bin begeistert unsere Jurte unter dem Sternenhimmel von aussen zu betrachten. Wir spielen noch ein paar Runden Halma, hören Musik, und fühlen uns sehr wohl. Neben aller Gemütlichkeit ist die Jurte auch noch komfortabel, mit dem Ofen und der sogar vorhandenen Elektrizität. Ich betrachte die Jurte rundum. Wie Naki uns erzählte stellt das Dach der Jurte die Sonne da, die Streben sind dabei die einzelnen Strahlen, das Glasdach in der Mitte die Sonne. Nur zur Hälfte ist das Dach mit einer Plane abgedeckt und so kommt tagsüber genügend Licht hinein, nachts kann man die Sterne sehen. Die Betten und gesamte Einrichtung aus Holz ist orange bemalt,- die Farbe der Sonne. Die zwei Pfahle in der Mitte des Raumes stehen als Symbol für Mann und Frau. Der Bereich der Frau liegt vom Eingang gesehen aus rechts, der Besucherbereich befindet sich links, Männern gehört der hintere Teil der Jurte. Mir gefällt das alles sehr, am liebsten möchte ich auch zuhause so wohnen!
Pferde, Kultur und etwas Shopping
Um 8:30 Uhr stehen wir am nächsten Morgen auf, nach dem Frühstück steht für Karen und mich Reiten auf dem Programm. Beide keine herausstechend großen Pferdeliebhaber, noch dazu mit Reitkenntnissen gen Null, sind wird höchst gespannt auf diese Unternehmung. Dave hält sich lieber von vornherein heraus und bevorzugt es, seine Wäsche zu waschen. Auf uns warten Naki und der mongolische "Pferdeguide". Wir schwingen uns - mehr oder weniger elegant - in die Sattel und schon geht es los, in einer Art Kette, da die Pferde einfach nicht voneinader lassen wollen. Viel lieber als auf den anspornenden Ruf "Chou" einzugehen schnuppern sie am Hinterteil des Vorderpferdes. Uns soll das recht sein. Wozu die Eile?, und so traben wir zu viert etwa eine halbe Stunde durch die Gegend, stoppen kurz auf einem Aussichtspunkt, dann geht es wieder zum Camp zurück. Ich merke, dass Reiten wohl generell einfach nichts für mich ist, aber dennoch muss ich sagen, dass es einen der Landschaft näher bringt. Man kann sich gut vorstellen, wie es wäre, mit hohem Tempo - wie Dschingis Khan - durch die Weiten des Landes zu galoppieren. Nach getaner Arbeit (oh je, wir fühlen uns vollkommen unsportlich, als wir von unseren Pferden steigen. Tatsächlich merke ich jeden Teil meines Körpers) erwartet uns auch schon das 4-Gänge-Mittagessen. Wir haben es in Absprache mit dem Koch heute etwas vorgezogen, da wir gern noch einen Ausflug nach Ulan Bator unternehmen möchten. Morgen werden wir zwar sowieso in die Stadt kommen, und dort auch eine Nacht im Hotel verbringen, aber die Stadt hat bestimmt mehr zu bieten, und man kommt ja schliesslich nicht aller Tage nach Ulan Bator! Nach einer Stunde Fahrt erreichen wir die Stadt und werden direkt bei den Museen ausgesetzt, unsere erste Wahl fällt auf das "National History Museum". Der Eintritt kostet 2500 T und wir planen, uns maximal ein Stündchen hier ein wenig umzusehen, um etwas über die Geschichte des spannenden Landes und ehemaligen Weltreiches zu erfahren. Tatsächlich verlassen wir das Museum ganz unbemerkt erst etwa zwei Stunden später, die interessante Ausstellung hält einen wirklich gefangen. Naki erwartet uns schon und bringt uns zurück zum Wagen, der ebenfalls nur auf uns wartet an diesem Tag. Wir haben dafür 45 US Dollar bezahlt, also 15 US Dollar für jeden von uns, worüber man nicht meckern kann. Als nächstes steht Shopping auf dem Programm, von den alltäglichen Dingen wie Supermarkt bis hin zum Souvenirkauf. Wir fahren dazu zum großen und modernen Department Store. Ich bin an dem normalen Schnickschnack momentan nicht weiter interessiert, kaufe mir stattdessen lieber Bücher, eines zum Thema "Secrets of Mongolian Health", das zweite nennt sich "Complete Yurt Handbook", bestimmt kann man von den alten Mongolen noch das ein oder andere lernen! Kann man tatsächlich, aber vieles lässt sich wohl nicht so ganz umsetzen. Ich nenne hier nur einen der Tipps, gegen Augenschmerzen bzw. schlechtes Sehen: Gib den Urin eines 8jährigen Jungen in dein Auge.... Ich bleibe wohl doch lieber bei Karotten. Irgendwie verfliegt die Zeit in dieser Stadt geradezu und nach dem Rundumeinkauf machen wir uns wieder auf in Richtung Camp, wo uns um 20:30 Uhr das Abendessen erwartet. Ein Neuzugang findet sich diesmal an unserem Tisch ein, Steve, Engländer, 24, allein unterwegs (und schon seit 2 Jahren). Nach dem Essen spielt Naki mit uns das "Bone-Ankle-Game", das sich ein wenig in die Länge zieht und nicht gerade zu den aufregensten Spielen unserer Zeit gehört, aber dafür ist es simpel und "selbstgemacht". Es wird mit vier Schafknochen gespielt, jede der vier Seiten ist unterschiedlich und steht für ein Tier: Pferd, Kamel, Schaf und Ziege. Wir spielen das Kamelspiel und warten beim Wurf der Knochen somit auf "Kamele". Wer ein Kamel würfelt darf entlang der aufgestellten Kamel-Karawane nach vorne in Richtung Ziel ziehen. Und das ist es auch schon! Wie gesagt, es zieht sich etwas in die Länge, - aber die Idee ist nett. Steve gewinnt das Spiel und unser etwas durchgedrehter Guide Naki schickt ihn vor die Tür, um den Gewinn zu besprechen, wie er sagt. Der Gewinn besteht schliesslich darin, dass der arme Steve Naki quer durch den Raum huckepack tragen muss, wobei Naki sich vor Lachen wegschmeisst und wir eher als Statisten fungieren. Danach gehen wir zum Zelt zurück, wo heute kein Feuer gemacht wird, es ist tatsächlich merklich wärmer geworden. Auch die Felle sind vom Eingang entfernt worden, wie wir bemerken.
Staubiges Ulan Bator
Nach dem leckeren Frühstück packen wir unsere Sachen und brechen gegen 10 Uhr auf. Das gesamte Personal des Camps kommt mit uns zum "Parkplatz" (der einzige Unterschied zum restlichen Gelände ist das P-Schild und der Holzstamm als Markierung), trägt unser Gepäck und winkt unserem Auto nach, bis wir hinter dem nächsten Hügel verschwunden sind - wie nett! Wir fahren direkt zum Hotel in Ulan Bator, wo wir die beiden verlorenden Engländerinnen Mandy und Nicci in die Arme schliessen können. Wir stellen kurz unsere Sachen ab, und machen uns mit einem Stadtplan ausgestattet wieder auf in die Innenstadt. Über Umwege, zuerst laufen wir natürlich eine halbe Stunde lang genau in die falsche Richtung , gelangen wir zum Department Store, denn auch die beiden anderen Mädels möchten gern ein paar Souvenirs kaufen, wenn sie doch schon nicht all zu viel von diesem Land mitbekommen haben. Sie haben den ungewollten verlängerten Aufenthalt in Russland im Endeffekt ganz gut überstanden. Mit viel Wodka liessen sich auch die Extraausgaben von 250 britischen Pfunden pro Person verschmerzen... Traurig sind sie trotzdem noch, dass sie sowohl die Nächte in der Jurte als auch das Reiten verpasst haben. Diesmal gerate ich in diesem riesigen Souvenirshop doch noch in eine Art Kaufrausch. Als neuerdings grosser Jurten-Fan kaufe ich so ziemlich alles, was mit dem Abbild einer Jurte versehen ist. Anschliessend steht uns allen nach etwas Sightseeing der Sinn, wir machen uns auf zum Gandan Kloster, zahlen 2500 T Eintritt und sind von der 26m hohen Buddhastatur und den vielen Gebetsmühlen sehr beeindruckt. Und danach steht mal wieder der Besuch eines Internetcafes auf dem Programm, schliesslich ist es auch schon wieder ein paar Tage her... Eine Stunde kostet 800 T, die Verbindung ist schön schnell. Wir kaufen ein paar Lebensmittel für die kommende Zugfahrt ein und kehren kaputt und verstaubt ins Hotel zurück. Fast sind wir zu müde zum Essengehen und überlegen das Restaurant im Hotel aufzusuchen. Dies ist jedoch völlig leer, weder Gäste noch Personal sind zu finden, und so bleibt keine andere Wahl als sich noch einmal auf den Weg zu machen. Die Dusche lassen wir jedoch vorerst sausen, laufen ein paar Meter um die Ecke und finden das "Nomads". An die Innenaustattung des Restaurants reicht das Essen jedoch nicht heran. Ich bekomme simpel angerichtetes Hühnchen mit Pommes und dazu ein Glas Rotwein für 8300 T! (naja, ich merke gerade, wenn man's auf 4,60 EUR umrechnet klingt das plötzlich nicht mehr so dramatisch... ;)). Zurück im Hotel steht die Dusche auf dem Programm, diesmal wirklich notwendig, Ulan Bator ist eine ganz schön sandige und staubige Angelegenheit. Während die anderen noch in Karens gegenüberliegenden Zimmer ein Bierchen zischen, schreibe ich ein paar Postkarten und schlafe dann ein.
Grenzkontrolle und Fahrgestellwechsel
Um 6:30 Uhr frühstücken wir im Hotel in Ulan Bator, und dann geht's auch schon wieder auf in Richtung Bahnhof. Der letzte Teil unserer Zugfahrt mit der "Transmongolischen Eisenbahn" steht an - die Fahrt nach Peking! Wir steigen in den Minivan, der uns zum Bahnhof bringt, wo Naki uns noch zu unserem Waggon begleitet. Wir überreichen ihm ein kleines Trinkgeld, doch dann scheint er plötzlich weg zu sein. Wir richten uns in unseren Abteilen im Waggon Nummer 7 ein und stellen fest, dass sich sowohl Karen und Dave, als auch Mandy und Nicci wieder ein Abteil teilen. Für mich wird es diesmal spannend, denn die beiden Holländer sind diesmal definitiv nicht dabei. Mein Blick ins Abteil stellt mich zufrieden: Ben, ein Amerikaner, sowie zwei mongolische Jungs, alle Anfang zwanzig, werden meine Mitbewohner auf dieser Fahrt sein. Der Zug setzt sich in Bewegung, als wir Naki auf dem Bahnsteig erblicken! Er ist mal wieder am Telefonieren, hat aber tatsächlich noch auf unsere Abfahrt gewartet und winkt uns jetzt hinterher. Bis zum Abend passiert nicht viel, also besser gesagt: das Übliche,- mit den Zugnachbarn quatschen, sich gegenseitig besuchen, Fotos von Familie und Freunden zeigen, Essen teilen. Die beiden mongolischen Jungs erstaunen mich. Ich hätte beim besten Willen nicht gedacht, dass die Mongolen so "modern" sind. Nicht nur, dass das Englisch der beiden nahezu perfekt ist, bei einem Blick quer durch die Zeitschrift stellt sich heraus, dass die beiden bestens informiert sind, was Technik, Stars und etliche andere Dinge betrifft. Dazu nennen sie mir noch die Namen deutscher Bands, u.a. Tic Tac Toe.... Ich bin beeindruckt! Schliesslich treffen wir an der Grenze ein, die mongolische "Exit"-Kontrolle ist harmlos und freundlich, die Chinesen sind da um einiges strikter. Nicht nur werden die Pässe und das Abteil kontrolliert, sondern auch in unseren Backpacks nachgeforscht, Bücher müssen vorgelegt werden und werden genauestens untersucht, ein CIA-Mann kommt vorbei und stellt schnelle Fragen wie "Why do you come to China?", "Where do you come from?" und "Why is the train delayed?" und macht dazu einen auf unverfängliches Plaudern. Während interessanterweise in einer großangelegten Hebeaktion die Fahrgestelle unseres Zuges ausgetauscht werden (die chinesischen Schienen sind schmaler als die mongolischen) kommt auch noch der Schaffner in unserem Abeil vorbei, und händigt uns Frühstücks- sowie Lunchgutscheine für den nächsten Tag aus. Nach der staubigen und heißen Nacht im Zug, in dem es aber diesmal zum Glück einen Ventilator in jedem Abteil gibt, bin ich froh, dass die Temperaturen nun herunterkühlen und verbringe eine angenehme letzte Nacht im Zug.
Orientierungsschwierigkeiten in Peking
Nach Frühstück und Mittagessen im Speisewagen kommen wir gegen 14 Uhr in Peking an und werden dort auch schon erwartet. Der Pick-Up Service bringt uns zum "Sicily" Hotel. Dort werden wir abgesetzt und sind von nun an mehr oder weniger auf uns alleine gestellt. Das niemand an der Rezeption englisch spricht macht die Orientierung nicht leicht, aber schliesslich treffen wir uns um 16 Uhr geduscht alle fünf an der Rezeption wieder, und haben einen Plan. Der lautet: Wir wollen zum Touristenbüro fahren, um die Hikingtour auf der Chinesischen Mauer für morgen zu buchen. Wir setzen uns also in zwei Taxis und lassen uns zu diesem besagten Touristenbüro fahren... An genannter Adresse leider jedoch keine Spur und auch kein Anhaltspunkt, wo wir hin müssen. Schliesslich kommen wir an einem "Friendship Store" vorbei, dort wird zumindest englisch gesprochen. Uns wird der Weg in Richtung Innenstadt gewiesen, die Zeit vergeht und wir sind immer noch ohne Erfolg. An für sich macht der Bummel durch Pekings Straßen Spaß, aber wir haben es mittlerweile eilig, denn wir wollen unbedingt noch den Ausflug für morgen buchen. Nur wo? Da der Bahnhof nun nicht mehr weit entfernt ist, beschließen wir, erst einmal beim Hostel vorbeizugucken, in das die drei englischen Mädels morgen umziehen wollen. Das Hostel befindet sich direkt am Bahnhof, zentrale Lage, günstig, und.. siehe da.. ein kleines angeschlossenes Reisebüro, in dem sich nicht nur beliebte Ausflüge, sondern auch Flug- und Zugtickets buchen lassen. Wie einfach! Wir kaufen also unsere Tickets für den nächsten Tag, es sind 220 Y für den Ausflug inklusive Lunch + 95 Y Eintrittsgebühr. Der Ausflug wird früh losgehen, das Treffen ist für 6 Uhr morgens am Hostel angesetzt. Nachdem die Mädels sich auch noch ihre Zimmer für die nächsten Nächte reserviert haben geht es weiter zu den Night Markets, - die wir natürlich auch nicht auf Anhieb finden. Dave ist zu diesem Zeitpunkt schon ein wenig genervt von der anspruchsvollen Navigation durch Pekings Straßen. Nach einer extra-halben-Stunde Fußmarsch werden wir jedoch fündig, und belohnt! Die Atmosphäre ist einmalig, es gibt die obligatorischen Skorpionspieße zu bewundern, und wir finden einen gemütlichen Tisch im Freien, wo wir Essen und ein Bierchen trinken können - ein schöner Ausklang des Abends. Zudem finde ich hier endlich den langerhofften Akku-Recharger, den ich vergeblich in Irkutsk sowie Ulan-Bator gesucht hatte. Meinen hatte ich zuhause gelassen, in der Annahme, dass es auf diesem Trip sowieso schwierig mit dem Aufladen sei. Keine Spur! - sowohl Hotels, als auch Zug, als auch Homestay und Jurtencamp hatten Steckdosen, zudem - mit Ausnahme von China - die ganz "normalen" kontinental-europäischen. Wir schaffen an diesem Abend gerade noch feinen kurzen Abstecher zum "Platz des Himmlischen Friedens", bevor wir uns für 20 Y ein Taxi nehmen und zum Hotel zurückfahren.
Tourende heisst nicht gleich Reiseende
Nach einer weiteren Nacht in Peking klingt unsere Shoestring Tour offiziell am nächsten Tag aus, aber dennoch erleben wir an diesem Tag ein Highlight: den 10 km Hike auf der Chinesischen Mauer!
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