Reisebericht Bolivien
von Don Martino auf 04.06.2019
Südamerika pur
Ich bekomme ihn nicht los, den Südamerikavirus! Zum fünften mal starte ich Anfang Februar auf einen faszinierenden Kontinent. Mein Südamerika... geballte Gelassenheit, Abenteuer, Freundlichkeit, Gastfreundschaft, Ursprünglichkeit, .... usw.. diese Eindrücke durfte ich dort in der Vergangenheit immer wieder neu erleben.
Das Programm meiner Reise nach Bolivien war diesmal etwas anders. Keine typische Touristenexkursion. Seit vielen Jahren werden aus meiner Heimat mehrere Projekte in Bolivien ganz konkret unterstützt. Gute und intensive Kontakte vor Ort veranlassten uns zu einem Besuch. Ein Eintauchen in die Ursprünglichkeit des wohl südamerikanischsten Landes.
Bereits im Vorfeld der Reise wird mir bewusst, wie "abgelegen" dieses Land doch liegt. Ich glaube, Bolivien ist das Land Südamerikas, das mit dem Flugzeug am schlechtesten erreichbar ist. Und so blieb uns (preislich) keine andere Wahl, den Weg über die USA zu nehmen. Im Nachhinein verstehe ich, warum jeder Reiseveranstalter seine Teilnehmer nicht über Amerika schickt. Das was wir hier bei der Einreise erleben durften, war alles andere als Gastfreundschaft. Wenn ich an meine beiden letzten Ziele Kolumbien und Marokko zurückdenke... dort wurde ich mit einem Lächeln im Gesicht und einer ehrlichen Freundlichkeit bereits von den Grenzbeamten Willkommen geheißen. Die Arroganz und Unfreundlichkeit, die einem in den USA bei der Einreise frontal ins Gesicht schlägt sucht wahrscheinlich seines Gleichen auf der Welt. Hier gilt offensichtlich nicht die Unschuldsvermutung; nein, man muss erst mal beweisen, dass man sich die Unverfrohrenheit herausnimmt, in friedlicher Absicht durch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu reisen. Ich werde, soweit es mir möglich ist, zukünftig einen großen Bogen darum machen. Yes I can!
Der höchstgelegenen internationalen Flughafen der Welt
Mit einer gewissen Anspannung erreiche ich 28 Stunden nach dem Abflug in München den höchstgelegenen internationalen Flughafen der Welt. "El Alto"- der Flughafen von La Paz auf 4.075 m Höhe ist die erste große Herausforderung. Nachdem ich vor mehreren Jahren bereits einprägsame Erlebnisse mit einer solche Höhe machen durfte, springen mir beim Aussteigen aus dem Flugzeug gleich Sauerstoffflaschen am Ende des Flugsteigens in die Augen. Zum Glück fliegen wir wenige Stunden bereits weiter in Richtung niedrig liegender Gefielde... aber ein halber Tag bei dünner Luft strengt dann doch ziemlich an. Zum Glück gibt es eine Cafetera mit dem vielversprechendem Namen "O2-Lounge". Ob alleine der Name das Wohlbefinden der Gäste steigert oder die Luft dort tatsächlich mit Sauerstoff angereichert wird, konnte ich nicht mehr nachvollziehen. Über 35 Stunden auf den Beinen, ohne richtig zu schlafen, stößt dann mit der Zeit auch bei einer ordentlichen Sauerstoffsättigung an die Grenzen der Leistungsfähigkeit.
Mit dem Jeep nach Independencia
Nach einer anstrengenden Anreise erreichen wir Cochabamba. Die Millionenstadt liegt auf ca. 2.500 Metern und ist eine der größten Städte des Landes. An wesentliche Sehenswürdigkeiten kann ich mich bei unserer Ankunft nicht erinnern. Cochabamba ist der Ausgangspunkt für unser erstes richtiges Ziel. Independencia die Provinzhauptstadt der Region Ayopaya liegt ca. 160 km entfernt im Andenhochland. Wenn ich jemaden bei uns zuhause diese Entfernung nenne, plant man wahrscheinlich eine Fahrzeit von max. 2 Stunden ein. Hier ticken die Uhren anders... 8 Stunden sind angesagt. Auf einer teilweise mehr als abenteuerlichen Straße starten wir mit einem bolivianischen Freund in seinem Jeep durch in unser Adventura de Sudamerika. Bereits zu Beginn der Strecke stellt sich die wohl größte Herausforderung ein. Aufgrund ziemlicher Regenfälle ist die Straße beim ersten Pass auf 4.400 m Höhe nicht mehr befahrbar. Ich kann sie im ersten Moment nicht erkennen... Umdrehen, Warten....!? hmmm? Zum Glück schält sich nach einer Stunde von der anderen Seite eine Schubraupe durch den Schlamm um die Straße (zumindest für eine kurze Zeit) wieder befahrbar zu machen.
Nichts geht mehr auf 4.400 Metern... Wo ist die Straße!?
Zu meiner großen Verwunderung begegnet uns wenig später auf dieser Höhe und v.a. bei diesen Straßenverhältnissen ein Radfahrer; eine absolut irre Situation! Zurück auf einer Höhe von ca. 3.000 m fällt es mir dann auch wieder leichter, die atemberaubende Landschaft zu genießen.
Unterwegs im Andenhochland
Das ist Südamerika.... Tief beeindruckt erreichen wir am Abend, kurz vor Dunkelheit unser Ziel.
In Independencia sind wir zu Gast in einem Kindernheim. Eine Schwester aus unserer Heimat lebt dort seit über 40 Jahren und leistet hier wertvolle Sozialarbeit. Um den Kindern aus den entlegensten Gebieten eine adäquate Schulbildung zu ermöglichen wurde ein Kinderheim errichtet. Mehr als hundert Chicos y Chicas leben dort. Wir erkunden in den nächsten Tagen den Ort und die Umgebung und lassen uns verzaubern vom Charm Südamerikas. Die strahlenden Gesichter der Kinder sagen mehr aus tausend Worte...
Das schönste Grinsen Boliviens
Nach wunderschönen Tagen verlassen wir Independencia in den frühen Morgenstunden. "Über den Wolken" fahren wir durch die Anden wieder in Richtung Cochabamba. Der faszinierende Sonnenaufgang in dieser atemberaubenden Landschaft wird mir noch in langer Erinnerung bleiben.
Sonnenaufgang im Andenhochland - "Über den Wolken..."
Von Cochabamba machen wir uns mit dem Flugzeug weiter auf den Weg in Richtung Santa Cruz. Die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz liegt im Tiefland. Das Klima dort ist bereits tropisch geprägt. Die Stadt selbst ist wenig sehenswert und hat nichts besonderes zu bieten. Wir nutzen die Millionenmethropole aus Augangsort für unseren nächsten Programmpunkt "Concepcion". In der Region Chiquitania befinden sich faszinierende Zeugnisse aus der Missionszeit im 18. Jahrhundert. Anfang des 18. Jahrhunderts gründeten dort Jesuiten mehrere Missionsstationen.
Jesuiten-Reduktion in Concepcion
Die Art und Weise wie dort mit den Eingeborenen und Einheimischen umgegangen wurde, ermöglicht eine völlig neue Perspektive auf diese für Südamerika doch sehr prägende Zeit. Durch ein gutes miteinander wurden hier in nur 70 Jahren Kulturgüter geschaffen, die bis in die heutige Zeit nichts von ihrem Glanz verloren haben. Die Jesuiten-Reduktionen in dieser Region gehören mittlerweile zum UNESCO-Weltkulturerbe der Menschheit. Um nur ein Beispiel zu nennen, wird der Instrumentenbau und das gemeinsame Musizieren (Barockorchester) hier bis heute noch gepflegt. In unmittelbarer Nähe zum Urwald rechnet man eigentlich überhaupt nicht mit solchen Dingen.
Richtung Urwald...
Vom Tiefland zurück gehts direkt nach La Paz. Bereits 2005 war ich für zwei Tage schonmal dort und ich hab den Eindruck, die Stadt ist noch "wahnsinniger" geworden. Es lässt sich schwer beschreiben... ein Gewurle, Verkehr, oder alleine schon die Lage, sind der Hammer.
La Paz, Plaza Morillo
Nach der ersten Woche im Andenhochland hätte ich mir ursprünglich die Aklimatisation etwas leichter vorgestellt. Drei Tage und drei Nächte musste ich mir dann noch geben um richtig "anzkommen". Jeder Schritt über 3.700 Metern verkommt zur Qual und der Schlafbedarf steigt ziemlich an...
Isla del Sol, Lago Titicaca
Einer der wunderschönsten Orte Südamerikas, der Lago Titicaca, lässt sich von La Paz aus relativ problemlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Busfahren gehört einfach zu einer Südamerikareise... wenn man Glück hat, fährt man auch mit einem Bus, in dem man relativ bequem sitzen kann... aber nachdem die Leute in dieser Region vergleichweise klein sind, passierts uns diesmal, vier Stunden mehr oder weniger in einer Art "Embrio-Haltung" in den engen Sitzreihen zu verweilen. Von Copacabana gehts am ächsten Morgen mit dem Schiff weiter auf die Isla del Sol (Sonneninsel). Diese Insel wird als Wiege der Inkakultur bezeichnet. Die Wanderung über das Eiland wird begleitet von unheimlich schönen Wolkenspielen, einer endlosen Weite und unbeschreiblichen Ruhe...
Llama
Noch spannender als die Hinfahrt ist die Rückfahrt nach La Paz. Bei völliger Dunkelheit und einer landestypisch unzureichenden Fahrzeugbelechtung fliegt der Bus durch die Nacht um anschließen in einer völlig verkehrsmäßig verstopften Großstadt aufzuschlagen. Ich sitze in der letzten Reihe zwischen acht Personen... davon zwei Mütter mit noch zwei Babys. Ich glaubte, nie mehr irgendwo anzukommen. Wir sind dort auf Straßen gefahren, die mehr einer Piste auf einem Truppenübungsplatz ähnelten... aber der Weg ist das Ziel. Umsomehr wird das Hotel dann zu einer "rettenden" Burg.
Fasching in Bolivien
Das Leben von La Paz durften wir nach unserer Rückkehr aus der ländlichen Idylle noch zwei Tage lang genießen. Auch ein Auslfug nach El Alto, dem "Vorort" gehörte zum Programm. El Alto ist mittlerweile schon größer als La Paz selbt und dehnt sich weiter auf dem Altiplano aus. Der Blick vom "Kraterrand" runter in den Kessel von La Paz gehört sicher zu einer der unglaublichsten "Stadtansichten". Wir unternehmen eine "Wanderung" vom Kraterrand in Richtung Innenstadt um diesen Ausblick auf uns wirken zu lassen. Das Faschingswochenende bringt jedoch ein paar Begleiterscheinungen mit sich. In Bolivien wird alles was sich auf den Straßen bewegt in dieser Zeit mit Wasserbomben beworfen. Man wird beim Taxifahren tatsächlich dazu angehalten, die Fenster deswegen geschlossen zu halten... und so sind natürlich zu Fuß gehenden "Gringos" ein äußerst dankbares Ziel für bolivianische Kinder. Ein kurzer Sparziergang verkommt somit schon fast zu einer Art "Spießrutenlauf". Wir verzeichnen nach einer knappen halben Stunde mehere "Treffer" und ein paar Ladungen "Schaum aus der Dose" und entscheiden uns somit, die restliche Strecke dann völlig spießig mit dem Taxi zurückzulegen. "Tienemos Gringos"... und los gehts!
Obligatorische Autopanne - Boxenstop auf der Autobahn
Irgendwo scheinte es, als dass ich es verschriehen habe und so kamen wir am letzten Tag unserer Reise noch zu unserer obligatorischen südamerikanischen Autopanne. Ohne gehts einfach nicht! Bei einer Fahrt mit dem Taxi hatten wir auf der Autopista plötzlich hinten links einen Platten. In Formel-1-Manier wird der Schaden vor Ort schnell behoben und ein Ersatzreifen aufgezogen. Keine Ahnung wie oft der selber schon geflickt wurde... aber Profil hatte er zumindest keines mehr. Nach ca. 15 Minuten Fahrt stellte sich dann an einer Ampel der nächste Platten, diesmal hinten rechts ein, und wir mussten einen völlig verzweifelten Taxifahrer stehen lassen und setzten unsere Fahrt mit einem dieser kleinen Micobusse fort.
La Paz
Nach zwei Wochen starten wir von La Paz aus in Richtung Heimat. Ein atemberaubender Blick auf die Stadt lässt einem nochmals die Dimmensionen dieses Ortes erahnen. Bei unserer regulären Zwischenlandung in Santa Cruz werden wir völlig überrascht aufgefordert, das Flugzeug zu verlassen, da unser Weiterflug gecancelt wurde... Jetzt steht man hier, will eigentlich nach Hause, hat keine Ahnung was eigentlich los ist und sieht vor sich eine Schlange am Schalter stehen, die nicht voranzukommen scheint. Was mich fasziniert hat, es war niemand unbedulig und hat geschimpft. Ok, was man vielleicht erwähnen muss, wenn nur drei Flieger am Tag in Richtung USA fliegen, nimmt das doch auch etwas Zeitdruck ;-). American Airlines hat sich hier auf alle Fälle in keinster Weise mit Ruhm bekleckert. Zum Glück geraten wir nach fast einem Tag Verspätung in Miami an eine äußerst Hilfsbereite Airlinemitarbeiterin, die alle Hebel in Bewegung setzt um uns noch etwas Früher in die Heimat zu bringen. Sie macht hier wirklich einige Punkte für ihre Landsleute wieder gut... und so gehts dann von Miami über Dallas nach Frankfurt. Wer kann schon sagen, war auf dem Heimweg von Südamerika grad noch in Texas. Der Airbus aus der Sendung mit der Maus bringt uns von Frankfurt nach München.
Wunderschöne und ganz intensive zwei Wochen gehen zu Ende und der Zauber Lateinamerikas hält bei mir weiter an. Ich bin mir Sicher, ich komme wieder... aber um die USA versuche ich zukünftig einen großen Bogen machen.
Na, hat dich das Fernweh gepackt? Hier findest du bestimmt einen Südamerika Reisepartner.
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