Reisebericht Sahara
von Rool auf 21.06.2019
Ein Abenteuer in der Wüste
Wir habe auf einer längeren Afrika-Tour auch den Wüstenstaat Libyen besucht. Anbei ein paar nette Berichte aus unserem Reisetagebuch: Raus aus Tunesien und fast rein nach Libyen, dann wieder... richtig rein nach Tunesien und…, aber zuerst der Reihe nach.
Wir nehmen Abschied von Arafat und verlassen Kebili in Richtung Süden. In Douz biegen wir ab nach Osten und nehmen die Berge um Matmata ins Visier. Bekannt ist die Region für die Höhlenwohnungen, die von den dort lebenden Berbern in den weichen Sandstein getrieben wurden. Hier finden sich viele Originalschauplätze von “Star Wars”, die das schauspielerische Blut der mitgereisten Jedi-Ritter in Wallung bringen.
Weiter geht es durch das Bergland und via Medenine an die tunesisch-libysche Grenze bei Ras Jedir. Die letzten Kilometer sind gesäumt von Händlern, die aus Libyen eingeschmuggelten Treibstoff anbieten. Dann geht der Ärger an der Grenze los. Die Ausreise aus Tunesien verläuft sehr schleppend. Der tunesische Zoll hofft Alkohol bei uns zu finden (die Einfuhr von Alkohol ist in Libyen verboten) und lässt uns gemütlich im Hof warten. Bei uns gibt es keinen Tropfen zu holen, also weiter zum libyschen Posten. Wir werden an allen Fahrzeugen vorbeigewunken, dürfen die Pässe abgeben und stellen unsere Fahrzeuge ab, prima! Dann tut sich aber erstmal garnichts. Als wir des Wartens müde nach unseren Pässen fragen, schauen wir in erstaunte Gesichter. Uns hat man mittlerweile schon lang vergessen. Der für Libyen obligatorische Führer ist nicht, wie versprochen, erschienen, also sollen wir die Rückreise nach Tunesien antreten!!! Nicht mit uns, denken wir und stellen uns auf die Hinterbeine. Doch die Jungs sind flexibel wie der beruehmte Amboss und schalten auf stur. Dann taucht glücklicherweise unser Führer auf, doch auch er hat die versprochenen Einreisestempel nicht in der Tasche. Irgend ein komisches Sonnenfinsternis-Kommitee will unsere Visa erst für den Folgetag ausstellen; Weltklasse!! Was nun? Am Grenzposten dürfen wir nicht bleiben, wir müssen zurück nach Tunesien. Also rein in die nächste Riesenschlange und mal wieder in Tunesien vorbeischauen. Nach einem Tag an der Grenze erreichen wir mit Einbruch der Dunkelheit zum zweiten mal Ben Ghardane, richten uns im Hotel auf eine lange Warterei ein und versorgen uns mit vitaminreicher Nahrung. Am nächsten Tag um 12:00Uhr kommt die erlösende Nachricht. Das “Sonnen-Kommitee” hat getagt, wir dürfen am späten mittag einreisen. Noch einmal am tunesischen Zoll vorbei, der uns wieder warnt, ohne Visumstempel kommt man in Libyen nicht rein (“das haben wir Euch doch schon am Vortag mitgeteilt!!”)und uns noch einmal auf den nichtvorhandenen Alkohol durchkämmt. Dann dürfen uns die libyschen Behörden zwiebeln, die sich aber kaum für uns interessieren. Wir erhalten ein Visum, ein wunderschönes Nummernschild (Bild 65A) und schon wir drin in Libyen und nach ein paar Polizeikontrollen am Abend dann auch schon in der JuHe von Zabrata.
gefahrene Kilometer: 15 508km in Afrika- Zabrata (Libyen)
Nach dem Ärger das Vergnügen
Eigentlich haben wir gedacht, das nach dem Ärger an er Grenze jetzt die fröhlichen Tage kommen. Doch unser libyscher Gewährsmann macht neue Umstände und wir müssen pro Nase noch 120,-€ Sonnenfinsternis-Steuer berappen, obwohl wir zum Zeitpunkt der SoFi vermutlich schon in Ägypten sein werden. Doch nach dem etwas unangenehmen Start in Libyen hellt sich unsere Stimmung zusehends auf, da uns die Libyer sehr freundlich begegnen und die ersten drei Programmpunkte, Zabrata, Nalut und Ghadames auf jeden Fall einen Besuch wert sind.
Die römische Ausgrabungsstätte Zabrata (UNESCO-Weltkulturerbe) bezaubert durch seine Lage am Mittelmeer und eine Vielzahl schöner Ruinen. Kein Wunder, dass der Finger am Auslöser wieder sehr locker sitzt. Nach der Kultur werden wieder die Fahrzeuge geplagt und wir entfernen uns von der Küste. Schnell hat uns die Wüste wieder im Griff, gebremst werden wir nur von den zahlreichen Polizeikontrollen. Im spektakulär an der Bergkante gelegenen Nalut machen wir Halt für die Nacht in der örrtlichen Jugendherberge. Zuerst echauffieren wir uns über die Bewohner der JuHe, weil sie uns nicht aufmachen wollen und nur an das Fenster kommen. Dann stellt sich heraus, dass der Schlüssel fehlt und die Jungs weder raus noch wir reinkommen können. Gegen später taucht dann glücklicherweise der Schlüsselträger auf und wir verbringen eine spannende Nacht in einer der schrägsten JuHes, die uns bisher untergekommen ist. Wir besichtigen die Altstadt von Nalut mit der zugehörigen Speicherburg, dann werden schon wieder die Pferdchen gesattelt. Der Spritpreis ist in den letzten Jahren wohl gehörig gestiegen, aber bei 8 bis 9 Cent/Liter wollen wir mal nicht so kleinlich sein. Also Tank voll und weiter Richtung Ghadames, aber wo ist noch einmal der richtige Abzweig??
Dank unserem Führer Motakort erreichen wir Ghadames mit Einbruch der Dunkelheit. Hier knallen am nächsten morgen gleich mal die Kronkorken unseres alkoholfreien Bieres; Wallie hat Geburtstag und wird reich beschenkt. Von der Feier beschwingt ziehen wir gegen später in die Altstadt von Ghadames (ebenfalls Weltkulturerbe). Wie viele andere Altstädte Libyens ist auch diese nicht mehr bewohnt, da die ehemaligen Einwohner in Neubausiedlungen umquartiert wurden. Eine etwas fragliche Politik, uns ermöglicht es aber sich völlig frei in der Altstadt zu bewegen und mächtig Bildmaterial zu erstellen. Erschöpft von dem harten Tagesprogramm hilft uns danach nur noch ein schönes Kaltgetränk, bevor wir dem lokalen Metzger unsere Aufwartung machen.
Gefahrene Kilometer: 16 005km in Afrika - Ort: Ghadames (Libyen)
Raus mit den Sandblechen
Wir sagen “Good Bye Ghadames” und “Dankeschoen” an Nadir, der es uns mit etlichen Ueberstunden ermoeglicht, dass wir bis tief in der Nacht unsere Berichte ins Internet diktieren. Dann nehmen wir 1000km Wüstenstrecke unter die Raeder. Obwohl die Strecke kaum befahren wird (pro Stunde begegnet uns etwa ein Fahrzeug), ist sie erstaunlich gut ausgebaut. Optimalererweise koennen wir so die relativ langweilige Landschaft zügig durchfahren. Die wenigen Hoehepunkte sind Kamele, Fata Morganas, eine Schnapszahl auf der Tachoanzeige und das Durchbrechen der 20 000km-Schallmauer. Die Uebernachtungsplaetze sind einsamster Natur, doch zeigt eine Vielzahl an Spuren am naechsten Morgen, dass man auch hier nicht wirklich allein ist. Auch die obligatorischen Kontrollen bleiben uns nicht erspart, einmal müssen wir dem Militaer bis in die Kaserne folgen, weil unser schlechtvorbereiteter Führer zuwenig Kopien der Reisedokumente mitführt. Aus dem selben Grund müssen wir auch einen Stopp in Sebha machen, das wir wegen seinem zweifelhaften Ruf eigentlich aussparen wollten. Sebha ist der zentrale Anlaufpunkt der Wirtschaftsflüchtlinge aus Schwarzafrika auf ihrem Weg in den Norden Libyens bzw. nach Europa. Die problematischen Stadtviertel sind allerdings im Süden der Stadt und werden von uns nicht gestreift.
Nach Sebha wird die Landschaft immer schoener. Durch Bewaesserung werden riesige Flaechen urbar gemacht, ein unwirklicher Anblick das saftige Grün. Die Weiterfahrt im Wadi Adjal ist von besonderer Schönheit. Grüne Felder und Wiesen auf denen Vieh weidet, dahinter riesige Sanddünen, die das Tal nach Norden eingrenzen. Wir übernachten nahe Terkiba und geniessen die schoene Abendstimmung am Fuss der Sanddünen von Ubari zusammen mit den Monstergrillen. Am Tag darauf nehmen wir Abschied von den netten Zeltplatzbesitzern und machen uns auf den Weg zu den “Augen des Fezzan”. Luft aus den Reifen und rein in den sandigen Spass. Schnell gibt es die ersten Opfer; Juwi wird mit Hilfe des Abschleppseils aus dem Tiefsand gezogen. Wir sind nicht allein, die “Hells Angels” kreuzen unseren Weg. Dann der erste kapitale Haenger der kompletten Tour; Premiere für die mitgeführten Sandbleche. Trotz der eingesetzten Bleche kaempfen wir eine knappe Stunde bis das Kroetle wieder komplett frei ist. Doch wir werden für unsere Mühen belohnt, kurz darauf erreichen wir den Mandara-See, den ersten der Seengruppe. Leider ist der Tümpel nahezu ausgetrocknet. Den Nachtplatz beziehen wir am Um-el-Maa.
Gefahrene Kilometer: 20 495km (davon 16 894km in Afrika) - Ort: Um-el-Maa/Mandara-Seen (Libyen)
Sand!! - Wo??
Auf dem Rückweg von den Mandara-Seen in die Zivilisation blasen wir die Fahrzeuge maechtig durch den Sand. Wir haben keinen einzigen Sandgrabe- oder geschweige denn Sandblechstopp. Wir fühlen uns unbesiegbar und tanken 465 Liter Diesel für die anstehende langen Wüstentour. Doch die Euphorie haelt nicht lange; beim letzten Technikcheck entdeckt Juwi den vermeintlichen Supergau!!!. Eine der Karosserieaufhaengungen des G-Mein ist vom Leiterrahmen gerissen, was machen?? Die Wau-en-Namus - Tour abblasen, eine laengere Reparaturpause in Kauf nehmen,.. Nein, ab und an gibt es diese afrikanischen Wunder!! Das vielbeschworene “No problem!”, das wir schon lange nicht mehr hoeren koennen, gilt manchmal eben doch. Es ist Sonntag abend, doch wir müssen nicht lange suchen bis wir einen Mechaniker finden, der alles stehen und liegen laesst und uns mit viel Improvisationskünsten den G zusammenflickt.
Am folgenden Tag machen wir uns früh auf den Weg; 1500km durch teilweise einsamste Wüstengegenden, davon etwa 750km Piste, bzw. querfeldein. Bei der Mittagspause ist die Stimmung ob der bevorstehenden Expedition dann auch etwas gedaempft. Der Gedanke an die Aussage unseres Sponsors und Junior-Autohauschef Marco Schoettle, “er würde mit unseren Fahrzeugen bestenfalls bis Portugal fahren” hebt auch nicht gerade die Stimmung. Zum Glück sorgt Proland mit seinem Versuch ein Spiegelei auf der Motorhaube zu braten für allgemeine Erheiterung. Dann ist Timsah erreicht und es geht in das erste Sandfeld. Wir sind keine 300m aus dem Ort, da steckt bereits ein Fahrzeug. Eine Stunde spaeter sind wir fünf Kilometer weiter und haengen richtig fest!! Cooler Auftakt, die vorgegebenen GPS-Daten haben wir verfehlt und die Autoreifen stecken bis zur Radnabe im Sand. Wenn es die naechsten 745km Piste so weiter geht verbringen wir die Fussball-WM in der Wüste.. Doch wir haben ja noch einen Joker, den wir eigentlich erst spaeter ziehen wollten, raus mit der Luft aus den Reifen. Dann wird hart gearbeitet, die Autos aus dem Sand gezogen und kurz darauf fliegen wir im Rekordtempo über die Walfischdünen. Schnell haben wir das berüchtigte Sandfeld von Timsah besiegt und finden neben ein paar Akazien einen schoenen Nachtplatz.
Gefahrene Kilometer: 20 833km (davon 17 232km in Afrika) - Ort: Timsah (Libyen)
Ankunft am Mückenkrater
Hochmotiviert machen wir uns am folgenden Tag auf den Weg. Für heute ist kein schweres Geläuf zu erwarten und wir haben die Reifen wieder auf 3 bar hochgepumpt. Den bestehenden Spuren ist leicht zu folgen und wir kommen gut voran. Dann folgt aber eine Piste, die vom Militaer für schnelle Truppenbewegungen in den Süden geschoben wurde. Kilometerweise herrscht bockelhartes Wellblech vor und das Ausweichen neben die Piste ist wegen den fiesen, kaum zu erkennenden Bodenwellen auch kaum von Vorteil. Bald koennen wir dann auch wieder unsere Verlustliste erweitern, eine Thermoskanne geht bei dem Gewackle zu Bruch und kurz darauf bricht der vierte!! Türgriff im Kroetle.
Wie aus dem Nichts treffen wir in dieser verlassenen Gegend dann auf einen Kontrollposten. Ob es sich um Polizei oder Militaer handelt, ist bei den gewagten Uniformen, die zumeist aus Jogginganzügen bestehen, nicht zu erkennen. Wir werden zum Tee eingeladen und revanchieren uns mit Gummibaerchen und Zigaretten. Wir gehen als Freunde auseinander und sind froh, dass sie uns nicht genoetigt haben von ihrem auf der Waescheleine haengenden Fleisch zu probieren. Via dem Fünf-Seelen-“Ort” Wau-en-Kebir bewegen wir uns weiter. Bei der moeglicherweise unnoetigen Umfahrung eines Militaerpostens geraten wir boese in ein Fesch-Fesch-Feld (Staubfeld). Die Bilderserie sagt hierzu sicher mehr als viele Worte. Wir verbringen eine weitere einsame Nacht in der Wüste bei der uns Birne mit gekonnten Fussballeinlagen unterhaelt. Nur noch wenige Kilometer trennen uns vom Weltwunder Wau-en-Namus (=Mückenkrater). Vor dem Krater warten aber noch zwei Sandfelder. Also mal wieder volle Pulle rein, festhaengen, graben, schieben, Luft rauslassen, rauskaempfen, wieder Luft reinpumpen. Wir haben da schon Routine. Bei der Pumpaktion kommt überraschenderweise ein Fahrzeug angefahren. Die Jungs sind wieder geschickt getarnt, doch mit unserem geschulten Auge erkennen wir, dass die Kumpels mal wieder zu einem dieser supereinsamen Militaer-Wüstenposten gehoeren. Mit einer Flag auf dem Pickup und der Kalaschnikow im Anschlag koennen wir sie unschwer von herkoemmlichen Wüstenfahrern unterscheiden. Die Jungs haben uns aus der Ferne erspaeht. Sie sind in Alarmbereitschaft, da sich für die Sonnenfinsternis eine 40-koepfige amerikanische Reisegruppe angekündigt hat, die vor Anschlaegen geschützt werden soll. Zum Glück kochen wir die Mannschaft beim Thema Fussball warm und schon haben wir weitere Freunde. Kurz darauf ist das Ziel erreicht, wir stehen am Kraterrand des Wau-en-Namus. Von vielen als Weltwunder gehandelt, ist der Blick in den Krater wirklich beeindruckend. Wir schlagen unser Nachtlager auf und machen uns zu Fuss zu den verschiedenfarbigen Kraterseen und dem neuen Vulkankegel auf.
Gefahrene Kilometer: 21 027km (davon 17 426km in Afrika) - Ort: Wau-en-Namus (Libyen)
Abfahrt vom Mückenkrater
Wir verbringen einen angenehmen Abend am Kraterrand des libyschen Weltwunders. Entspannt steigen wir in die Dachzelte. Doch mit der Nachtruhe ist es schnell vorbei. Laesst sich das jaemmerliche Gebrüll eines Wüstenfuchses noch ganz gut aushalten, macht uns der aufkommende Wind deutlich mehr zu schaffen. Um 3:00Uhr in der Nacht gibt der Erste entnervt auf und flieht in die Fahrzeuge. Bis zum naechsten Morgen das gleiche Bild, ein Wunder das unser leichtgewichtiger Führer mit seinem schlecht abgespannten Zelt nicht davongeflogen ist. Der Blick nach Osten erhellt auch nicht unsere Mienen, die Sicht geht gegen null und unsere Routenbeschreibung spricht sowieso von Orientierungsproblemen bei dieser wenig befahrenen Piste durch einsamste Wüstenlandstriche. Warten wollen wir bei dem unangenehmen Wind nicht, also rein in das Abenteuer. Der Wind waechst sich fast zu einem kleinen Sandsturm aus und die Sicht wird zusehends schlechter. Trotzdem koennen wir nicht runter vom Gaspedal, da ohne den noetigen Schwung die Autos staendig steckenbleiben würden. Immer wieder tauchen kleine querverlaufende Dünen auf, die man erst bemerkt, wenn einem im Fahrzeug die Gegenstaende um die Ohren fliegen. Noch gefaehrlicher sind aber die Staubfelder. Die Sicht für die nachfolgenden Mobile geht beim Durchfahren in den Minusbereich und es besteht zusaetzlich die Gefahr, dass man unversehens in den nicht zu sehenden Vordermann faehrt, der in dem tückischen Gelaende steckenbleibt. Irgendwann ist es dann auch passiert, das Kroetle bleibt unbemerkt von den Anderen stecken. Die Sichtverbindung ist unterbrochen, was nun?? Wir graben den Mercedes frei, was bei den herrschenden Verhaeltnissen eine aeusserst unangenehme Aufgabe ist. Minuten spaeter kommt auch Hilfe zu Fuss aus der Staubwand. Das Team hat unser Verschwinden bemerkt.
Wie soll es weitergehen?? Die Ersten denken ans Umdrehen; aber wohin?? Die Sicht ist in beide Richtungen beschissen und in beide Richtungen warten etwa 350km einsamste Wüstenpiste. Also noch einmal Luft aus den Reifen und vorsichtig weiter. Und wir haben Glück, wir wechseln in ein Paralleltal. Dort ist zwar nicht weniger Wind, aber der Untergrund ist steiniger und damit die Sichtverhaeltnisse deutlich besser. Wir kaempfen uns weiter durch die widrigen Bedingungen, die Mensch, Maschine und Nummernschilder gleichermassen zu schaffen machen. Die Schilder sind sandgestrahlt und haben fast vollstaendig ihre weisse Grundfarbe verloren. Doch ehrliche “Arbeit” wird belohnt, zum Abend laesst der Wind nach, die Landschaft wird interessanter und wir finden einen schoenen Nachtplatz. Endlich Zeit unsere Wunden zu lecken. Am naechsten morgen fliegen wir Richtung Tazurbo und sehen dort nach langer Zeit erstmals wieder Asphalt. Jetzt muss wieder richtig Luft in die Reifen, zum Glück hilft uns ein Fahrer einer dieser riesigen Wüstenlaster mit seiner Druckluft. Beim Schmieren der Achsen ist dann aber wieder Handarbeit gefragt.
Kurz vor Tazurbo ereignet sich noch eine nette Anekdote, die nicht unerwaehnt bleiben sollte. Im schwierigen Sandfeld vor Tazurbo entwickelt das Führungsfahrzeug um Juwi Schoppel den perfiden Plan, das leistungsmaessig unterlegene Kroetle in besonders weichen Sand zu locken. Doch unversehens überschaetzt er die eigene Leistung, bleibt selbst übelst stecken, waehrend die anderen Fahrzeuge die Stelle locker umfahren!! Und die Moral von der Geschicht, stell dem Kroetle keine Fallen nicht…
Gefahrene Kilometer: 21 448km (davon 17 847km in Afrika) - Ort: Tazurbo (Libyen)
Von der Wüste an das Mittelmeer
Auf der Strasse kommen wir auf bolzengerader Strecke gut voran. Es herrscht, wie nicht anders zu erwarten in dieser einsamen Gegend, wenig Verkehr. Die Landschaft ist monoton, Abwechslung bieten nur ein Riesenspalier an Strommasten, vereinzelte Riesenlaster auf ihrem Weg in den Sudan, Gummireste tausender zerfetzter Reifen und immer wieder einzelne Oelfelder und die zugehِoerigen Raffinerien. Einen kurzen Stopp machen wir bei einer der Roehrenproduktionsstaetten für das Great-Man-Made-River-Project. Nach Vollendung der Bauarbeiten sollen Millionen Menschen durch die künstlichen unterirdischen Flüsse versorgt werden. Diese beziehen ihr Wasser aus den riesigen Reservoirs, die unter dem Wüstenboden der Sahara schlummern. Die Versorgung durch Oberflaechenwasser ist in Libyen kaum moeglich. Libyen ist der einzige Flaechenstaat der Welt, der keinen Fluss besitzt der ganzjaehrig Wasser führt.
Mit den Baustellen des Man-Made-River-Projects, die zu den groessten Bauaktivitaeten weltweit gehoeren, nimmt auch unangenehmerweise die Zahl der Kontrollposten wieder zu. Die Behandlung durch Polizei und Militaer ist fast durchgehend freundlich und korrekt. Ueber den Oasenort Jalu gelangen wir nach Ajdabiya und biegen dort auf eine dieser Geraden Richtung Osten ab, wie sie nur in der Wüste gebaut werden kann. 370km geradeaus fahren, wobei gemeinerweise nach etwa der Haelfte der Strecke eine S-Kurve als Schikane eingebaut ist. Bei der anspruchslosen Fahrerei sind wir fast schon froh, dass wir einem liegengebliebenen Kleinlaster helfen kِnnen seinen gaenzlich profillosen Ersatzreifen aufzuziehen. Die humorlose Geradeausfahrerei führt uns dann direkt nach Tobruk, das durch die Afrikafeldzüge der deutschen Wehrmacht traurige Bekanntheit erlangt hat. Wir besichtigen die verschiedenen Kriegsgraeberstaetten und verbringen die Nacht in einem gruseligen Hotel zu dem uns die Polizei geführt hat. Tobruk selbst bietet nicht viel und macht einen trostlosen Eindruck, dem die Einwohner mit Hilfe ihrer Riesenschüsseln zu entkommen versuchen. Nachts kommt auch noch ein Gewitter auf und es regnet wie aus Kübeln; vermutlich soviel wie sonst in einem ganzen Jahr. In jedem Fall ist am naechsten Tag fast der ganze, sonst so wüstenhafte Landstrich mit riesenhaften Wasserpfützen bedeckt (auch ohne River-Project). Das kann unsere Stimmung natürlich nur bedingt trüben.
Gefahrene Kilometer: 22 307km (davon 18 706km in Afrika) - Ort: Tobruk / Mittelmeerküste (Libyen)
Zur Sonnenfinsternis nach Ägypten
Der Abschied von Walli und Birne naht. Aus diesem Grund wollen wir uns nahe an der Grenze einen Uebernachtungsplatz suchen, damit wir uns am folgenden Tag schnell Richtung Aegypten und das Landy-Team dann umgekehrt mit dem Führer Richtung Tunesien absetzen koennen. Das sollte eigentlich keine grosse Aktion sein, doch wir haben die Rechnung ohne den libyschen Polizeiapparat gemacht. Nahe der Grenze sind die Beamten sowieso schon übergenau und einen Tag vor der Sonnenfinsternis und den zu erwartenden Touristenmassen liegen die Nerven bei ihnen komplett blank. Wir haben kaum an der Strasse angehalten um über den Schlafplatz zu diskuttieren, da steht schon das erste Polizeiauto da. “Wild zelten?” - “zu gefaehrlich!! Wir koennten neben der Wache schlafen!!”. “Ein Hotel?” - “gibt es schon, aber dahin sollten wir lieber in Begleitung fahren!!”. Also fahren wir im Konvoi mit rotlichtblinkenden Fahrzeugen vorne und hinten durch einsame, überflutete Landstriche. Alle 10km am naechsten Kontrollposten wartet dann wieder ein Fahrzeug mit laufendem Motor (voll bis unter das Dach mit Polizisten) und loest wie beim staffellauf seinen Vorgaenger ab.
Die Polizisten, bemüht und freundlich wie immer, schaffen es dann auch tatsaechlich uns in einem Hotel unterzubringen. Dazu müssen sie allerdings alle Hebel in Bewegung setzen, da die eigentlich leere Edelherberge aus unerfindlichen Gründen für Libyen-SoFi-Touris (die wir ja eigentlich garnicht sind) gesperrt ist. Diese eigenartige Anordnung laesst uns zusammen mit vielen anderen formalen Umstaendlichkeiten mit gemischten Gefühlen das Land verlasssen, das wir ob der grandiosen Wüstenlandschaften und den herzlichen Menschen sehr zu schaetzen gelernt haben. Am naechsten Tag geht es, logischerweise in Polizeibegleitung, an die libysch-aegyptische Grenze bei Am-Saad. Wir nehmen mit einer Riesentraene im Knopfloch Abschied von Walli, Birne, Mota-Faed unserem libyschen Begleiter und den sandgestrahlten Nummernschildern. Abschied nehmen wir auch vom grossen libyschen Führer Gaddafi, den wir inspiriert von einen Reisebericht meist nur als Kaesekuchen bezeichnet haben. Dies ist keineswegs so despektierlich gemeint, wie es sich anhoert. Laut besagtem Bericht wird es in Libyen nicht gern gehoert, wenn man immer wieder den Namen Gaddafi im Munde führt. Wir haben uns deshalb gerne an dem im Reisemagazin genannten Alternativvorschlag gehalten. Durch einen riesigen See (siehe Regen-Bericht vom 27.03.) in dem halbe Fahrzeuge verschwinden gelangen wir auf die aegyptische Seite und der berühmt-berüchtigte aegyptische Einreisespass beginnt. Trotz angeblicher Vereinfachung wird hier immer noch ein Papierkrieg vollführt, der seinesgleichen sucht. Innerhalb kürzester Zeit werden zentimeterdicke Akten zu den Fahrzeugen angelegt und man begibt sich auf eine Odysee von Posten zu Posten, die alle gerade am Essen, Beten oder andersweit beschaeftigt sind. Heute sind neben uns nur zwei weitere Tourifahrzeuge (u.a. der Autor des Reise-Know-How - Aegyptenführers) am Start. Nicht auszumalen wieviel Zeit wir hier verbracht haetten, wenn sich mehrere Autos einfinden. Wenige Kilometer entfernt von der Grenze finden wir trotz einem Riesenaufgebot von Touristen und Militaer einen ruhigen Schlafplatz für die Nacht und optimalen Beobachtugspunkt für die morgige Sonnenfinsternis.
Gefahrene Kilometer: 22 351km (davon 18 750km in Afrika) - Ort: El Saloum (Ägypten)
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